Vom 12. bis zum 20. August 2023 feiert Solothurn die Barockzeit in all ihren Facetten. Es gibt Führungen durch prachtvolle Barockbauten, szenische Darbietungen, edle Damen oder zwielichtige Gestalten, hochkarätige Konzerte, Fechtvorführungen, kulinarische Spezialitäten und barocke Kartenspiele.

Kaum jemand erinnert wohl an die vielen Solothurner Bauern, die im Solde Frankreichs auf den Schlachtfeldern Europas ihr Leben lassen mussten und damit die Schatullen der von Surys, von Besenvals und von Rolls füllten. Die SVP-Fraktion des Kantonsrates schon, denn sie will den Regierungsrat mittels Vorstoss veranlassen, marktübliche Mietzinsen auch für Schlossherren einzuführen.

Der Regierungsrat soll beauftragt werden, den im Grundbuch vorgemerkten Mietvertrag vom 19. April 1963 mit der Familie von Sury aufzuheben und einen Mietvertrag zu einem marktüblichen Mietzins auszuschreiben. Denn gemäss diesem öffentlich einsehbaren Vertrag bezahlt die Familie von Sury dem Kanton für die Benützung eines Grossteils des Schlosses Waldegg einen symbolischen Mietzins von indexiert nur gerade tausend Franken – und das nicht im Monat, sondern im Jahr!

Sämtliche Unterhalts- und Umgebungskosten des Schlosses werden demgegenüber vom Steuerzahler übernommen. Das empfindet die Solothurner SVP als Affront nicht nur gegenüber den gebeutelten Solothurner Steuerzahlern, sondern auch und besonders gegenüber jeder Mieterin und jedem Mieter im Kanton (Stichworte: steigende Mietzinse, explodierende Energiekosten, sinkende Kaufkraft etc.).

Von einem marktüblichen und kostendeckenden Mietzins könne im Schloss Waldegg keine Rede sein. Der Mietvertrag von 1963 wurde durch Vererblichkeit faktisch auf eine ewige Vertragsdauer abgeschlossen und ähnelt so dem seinerzeitigen ewigen Soldbündnis mit Frankreich. Dieser nicht nur lebenslängliche, sondern ewige Knebelungsvertrag hätte nach Meinung der SVP ohnehin nach Zivilgesetzbuch gar nie abgeschlossen werden dürfen, mindestens aber schon längst aufgehoben werden müssen. Nötigenfalls sei deshalb die Aufhebung des Vertrages auch gerichtlich durchzusetzen.

Eine besonders pikante Note setzt die SVP-Kantonsratsfraktion mit folgender Passage: «Weil der Chef Rechtsdienst des Bau- und Justizdepartements Nachkomme der besagten Familie von Sury ist und daher von diesem Patrizier-Privileg profitiert, ist ein unbefangenes Departement mit der ergebnisoffenen Vorbereitung und mit dem Vollzug des Auftrages zu beauftragen.»