Zu später Stunde Montag Nacht durfte US-Präsident Joe Biden seine Abschiedsrede halten. «We love Joe», skandierte die Menge. Welche Ironie! Eigentlich hatten die Delegierten ihn als Kandidaten für eine zweite Amtszeit nominiert.

Stattdessen wird Kamala Harris gekrönt. In einem Spektakel, das der Demokratischen Partei – und der Demokratie – unwürdig ist.

Die Charade hat vor einem Jahr begonnen. Trotz offensichtlicher geistiger Schwäche wird Joe Biden von den Parteioberen für eine zweite Amtszeit auf den Schild gehoben. Konkurrenz? Nicht erwünscht. Robert F. Kennedy Jr. wird abgedrängt. Niemand soll die erneute Inthronisierung des Königs ohne Kleider stören.

Die Starbrigade in Hollywood weibelt. George Clooney und Bidens best friends forever veranstalten glamouröse Spendengalas. Die Donatoren stehen Schlange, werfen Milliarden in die Kriegskasse.

Ende Juni der Knaller. Biden bricht vor der versammelten Nation ein. Die ganze Welt sieht: Der Mann hat sie nicht mehr alle. Unmöglich, dass er noch einmal vier Jahre das mächtigste Amt durchsteht.

Die Parteibonzen, die schon immer die Strippen gezogen haben, ziehen jetzt die Reissleine. Zuerst redet man Biden zu: «Bitte abtreten!» Als er auf stur schaltet, wird er kaltblütig abserviert.

Eigentlich müsste jetzt ein Wettbewerb lanciert werden. Um die beste Person für die Kandidatur zu bestimmen. Eine Minivorwahl im Schnellverfahren. Die Zeit würde noch knapp reichen bis zum Konvent im August. Doch die Parteioberen wollen von Demokratie nichts wissen.

Über Nacht wird Kamala Harris für die Kandidatur flottgemacht. Dreieinhalb Jahre lang hat die Frau behauptet, Biden sei geistig fit wie ein Turnschuh. Nichts könne seine kognitive Schärfe trüben. Sie hat das Volk brandschwarz angelogen. Jetzt, wo der Vorhang gefallen ist, der König nackt vor dem Publikum steht, will sie übernehmen. Sofort.

Dabei ist ihr Leistungsausweis miserabel. Nichts nennenswert Positives hat sie erreicht. Von der Immigration über die Energieversorgung, der Wirtschafts- bis zur Aussenpolitik: Flaute! Auf der Welt sind Kriege und Konflikte ausgebrochen, seit sie mit Biden im Weissen Haus hantiert. Eine der schlechtesten Zustimmungswerte der US-Geschichte legt Zeugnis ab von Harris Nullnummer.

An der Basis brodelt es: Gruppen wie «Black Lives Matter» fordern Mitsprache: «Die eklatante Missachtung demokratischer Grundsätze ist inakzeptabel»

Massenmedien wie die Washington Post, deren Credo lautet democracy dies in darkness – Demokratie stirbt in Dunkelheit –, führen die Leser hinters Licht. Sie verdingen sich als Cheerleader für Kamala Harris. Um Trump zu schlagen, ist alles erlaubt. Auch die Ausblendung der Kabale der Demokraten-Bosse.

Eine der wenigen, die das Schmierenstück beim Namen nennt, ist Maureen Dowd. Die Grande Dame der US-Kolumnisten, deren Herz für die Demokraten schlägt, spricht in der New York Times aus, was man dem Publikum strikt verschweigt: Das war ein «unbeschreiblicher Putsch»!

Die Wähler der Demokraten und Beobachter weltweit sollten eines nicht vergessen, wenn nun in der «Windy City» die Harris-Festspiele aufgeführt werden: Die Vertuschung des kognitiven Verfalls von Präsident Biden und der daraus resultierende Ritterschlag für Harris ohne Vorwahlen offenbart die Haltung der Demokraten-Elite glasklar: Sie betrachtet ihre eigene Basis mit Verachtung.