Das ist kein Witz: In Zürich fahndet die «Kompostpolizei».

Die Neue Zürcher Zeitung schrieb bereits im vergangenen Herbst über diesen speziellen Auswuchs der städtischen Bürokratie: Im Rahmen der revidierten «Verordnung für die Abfallbewirtschaftung» gilt in der Zwingli-Stadt seit Januar 2023 für Bioabfälle eine Container- und Standortpflicht. Die entsprechende Gebühr beträgt 627 Franken pro Jahr.

Doch nicht alle sind von der Verordnung, die auf einem 13-seitigen Dokument minutiös ausformuliert ist, betroffen. Wer einen eigenen Garten besitzt (und dies nachweisen kann), darf die Bioabfälle selber kompostieren und sich von der Gebührenpflicht befreien. Allerdings muss dafür per Formular eine amtliche Erlaubnis eingeholt werden, danach kommen Inspekteure zur Kompostkontrolle vorbei.

Tatsächlich scheint das Stadtzürcher Kompostwesen eine hochkomplexe – quasi semi-wissenschaftliche – Angelegenheit zu sein. Entsorgung und Recycling Zürich hat ein zweiseitiges Merkblatt unter dem Titel «Wichtige Grundregeln für gelungenes Kompostieren» verfasst. Darin ist festgehalten, wo im Garten der Kompost angelegt werden sollte (mit ausreichendem Abstand zur Nachbarliegenschaft, um Streitigkeiten zu vermeiden), wie er auszurichten ist (halbschattig und windgeschützt) und was nicht auf den Kompost gehört (Zigarettenstummel, Staubsaugersäcke, Papierwindeln).

Der Beobachter aus der Agglomeration reibt sich verwundert die Augen – und fragt sich: Wo bleibt hier der gesunde Menschenverstand? Wofür werden amtliche Arbeitsstunden und Steuergelder vernichtet? Braucht es wirklich für die simpelsten Handlungen eine behördliche Bevormundung?

Immerhin ist er damit nicht allein. Die städtische Chef-Entsorgerin und Wächterin über alle Bioabfälle, Simone Brander (SP), wurde für den «rostigen Paragrafen» nominiert, mit dem die IG Freiheit jedes Jahr «das dümmste Gesetz, den unnötigsten Vorstoss oder den bürokratischsten Entscheid» aus Politik und Verwaltung in der Schweiz kürt.

Noch wehrt sich das Zürcher Entsorgungsdepartement gegen die «Auszeichnung». Auf Anfrage schreibt es: «Die Bestimmung zur Kompostierung hat den rostigen Paragrafen aus Sicht der Stadt nicht verdient.» Diese Interpretation ist allerdings Ansichtssache – oder ein Fall für den Komposthaufen.