CDU-Chef Friedrich Merz gehört zu den Leuten, die erst alle erdenklichen schlechten Optionen ausprobieren und es dann mit einer guten versuchen. Die Wegstrecke dazwischen ist zuweilen etwas beschwerlich.

Von Anfang an war der Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann Merz’ Wunschkandidat für den Posten des CDU-Generalsekretärs. Das ging aber nicht, weil dann zwei wirtschafts-liberale und konservative Männer an der Parteispitze das Sagen gehabt hätten. Wie es dann so läuft im politisch-quotierten Verbiege-Betrieb, musste der Ostberliner Mario Czaja vom Arbeitnehmerflügel den Job übernehmen und bekam Christina Stumpp aus Baden-Württemberg als Stellvertreterin beigestellt.

Merz übernahm stadtbekannte Merz-Hasser von seinen Vorgängern als Büroleiter, folgte Czajas mittigem «Öffnungskurs», führte eine von der Basis nicht gewollte Frauenquote ein, mied allzu konfrontative Sprache und den Kontakt mit Konservativen und die «Brandmauer» zur AfD gar nicht oft genug betonen.

Die Folge: Die Werte der Union blieben bescheiden, die AfD legte kräftig zu, weil man die Union lediglich als eine andere Variante des Berliner Regierungsbetriebs wahrnahm. Leute wie Linnemann, Verfechter von klarem Profil und ebensolcher Kante, durften sich derweil mit einem neuen Grundsatzprogramm beschäftigen und verzweifelten leise an ihrer Oppositionspartei, die kaum noch erkennbar war.

Nun also soll Linnemann den Generalstab im Konrad-Adenauer-Haus übernehmen, und im Merz-Lager schöpfen sie zum ersten Mal seit langem wieder Hoffnung. Linnemann fährt nicht nur klaren Kurs bei Migration und Wirtschaftspolitik, er vertritt auch einen deutlich konfrontativeren Stil im Umgang mit der politischen Konkurrenz.

Er sagte mir: «Du wusstest ja in Deutschland jahrelang nicht, was ist eigentlich der Unterschied zwischen der CDU und der SPD, weil wir in der Grossen Koalition zusammengearbeitet haben. Ich kann nur dazu raten, die FDP weiter mit an Bord zu halten, auch die SPD, und bei den Grünen nicht einfach nur hinterherlaufen, sondern wirklich offen zu sein und am besten in den Wahlkampf zu gehen und zu sagen: Was ist eigentlich 100 Prozent Union? Und nicht zu überlegen: Welchen Kompromiss müssen wir jetzt im Vorfeld schon schmieden, um dann irgendwelche Koalitionspartner zu bekommen. Das ist völliger Quatsch!»

Nächste Runde in der nach-Merkelschen Selbstfindung der Union. Und vielleicht Rückkehr zur parteipolitischen Wettbewerbsnormalität. Das ist noch kein Selbstläufer zur Macht. Aber immerhin ein Funke Hoffnung für erfahrene Unionisten. Viele Funken gibt’s in dem Laden nicht mehr.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.