Im thüringischen Sonneberg wird erstmals ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt. Bei Medien und Altparteien macht sich Verzweiflung breit. Für Politiker wie den SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner gibt es auf Twitter seit Tagen kein anderes Thema. Auch vor Vergleichen mit Hitlers Machtergreifung schrecken er und andere nicht zurück.

Passend dazu titelt die Bild-Zeitung wenige Tage nach der Wahl Robert Sesselmanns, dass sich jeder dritte Ostdeutsche einen Führer wünscht – und bestätigt damit abermals das Narrativ des rechtsextremen Ossis, dem man das mit der Demokratie erst noch beibringen muss.

Die Zahlen sind durchaus erschreckend: 31,1 Prozent unterstützen die «Forderung nach einem Führer, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert». Jeder Zweite ist zudem der Meinung, dass «Deutschland jetzt eine starke Partei braucht, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert».

Ebenso vertritt ein knappes Drittel die Meinung, dass die Diktatur unter bestimmten Umständen die bessere Staatsform sei, und erschreckende 21 Prozent sagen, dass Hitler ohne die Judenvernichtung als grosser Staatsmann angesehen werden würde.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die 3546 Befragten im Schnitt 50 Jahre alt waren und damit kaum jüngere Ostdeutsche befragt wurden. Welche Ansichten in der Gesamtbevölkerung vertreten werden, bleibt also ungewiss. Dass insbesondere in der DDR die Aufarbeitung des Nationalsozialismus praktisch nicht stattgefunden hat, weil man alle Faschisten im Westen verortete, ist kein Geheimnis.

Die Zustimmung für totalitäre Sichtweisen macht das nicht besser, aber eine Überschrift, die suggeriert, dass sich jeder dritte Ostdeutsche einen Führer wünscht, wenn doch nur eine ganz bestimmte Gruppe befragt wurde, macht auch nichts besser.

Vielmehr ist es gerade diese Von-oben-herab-Behandlung, die pauschale Verurteilung des Ostdeutschen, die der AfD diesen Aufwind beschert. Denn keine Partei hat es so verstanden wie die AfD, der geschundenen Ostseele Ausdruck zu verleihen.