Nach der Belagerung der Fähre in Schüttelsiel, wo wütende Bauern den vom Urlaub zurückkehrenden Vizekanzler Robert Habeck unfreundlich empfangen haben, herrscht im Politikbetrieb Höchstalarm.

Die Grünenpolitikerin Katrin Göring-Eckardt sprach vom «Tag danach», als hätte ein Attentat stattgefunden; Innenministerin Nancy Faeser zog sogar rhetorische Linien zu dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke.

In Schlüttsiel gab es noch nicht einmal einen Eierwurf in Richtung Habeck wie Anfang der Neunziger zum Gaudi des ganzen linken Deutschlands auf Helmut Kohl. Trotzdem: Es ist zu verurteilen, wenn Demonstranten öffentliche Personen in ihrer privaten Sphäre bedrängen. Genau das sahen linke Politiker bisher aber ganz anders – solange es die Richtigen traf.

Sie schwiegen, als Linksaussen-Kräfte sich 2021 vor dem Haus des polnischen Botschafters in Berlin versammelten. Eine Aktivistin erklärte damals, die Villa des Botschafters sei «kein privater, sondern ein politischer Ort».

Als sich ein Mob 2020 vor dem Privathaus des thüringischen Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich sammelte und dessen Familie bedrohte, dankte später sogar ein SPD-Politiker für den «Druck der Strasse».

Bei den Landtagswahlen im Osten in diesem Jahr steht eine ganz ähnliche Lage bevor: Möglich wäre – trotz aller Schwüre – eine blau-schwarze Zusammenarbeit, eventuell sogar eine absolute Mehrheit der rechten Partei. Findet dann wieder Linksaussen-Druck vor Privathäusern von Politikern statt, dann wird es sich zeigen, ob Vertreter von Grünen bis SPD das so einhellig verurteilen wie die Blockade der Habeck-Fähre.

Oder ob sie zur Abwechslung dann wieder ihre «Zivilgesellschaft» loben.