In einem Interview mit dem Blick gibt sich Gewerkschaftspräsident Pierre-Yves Maillard weiterhin kämpferisch gegen den neuen EU-Rahmenvertrag, der seit neustem «Stabilitätspakt» heissen soll. Der Bundesrat habe in den Verhandlungen mit Brüssel den Lohnschutz geopfert, gibt sich Maillard überzeugt.

Der streitbare Waadtländer stösst sich insbesondere an der bundesrätlichen Aussage, die Landesregierung habe als «gutes Resultat» die Non-Regressions-Klausel herausgeholt. Diese Klausel soll garantieren, dass der aktuelle Lohnschutz in der Schweiz auch durch Gerichtsurteile oder Gesetzesänderungen nicht unterboten werden könnte.

Doch Maillard weist darauf hin, dass mit dem (noch nicht einmal genau bekannten) Verhandlungsergebnis nicht das heutige Lohnniveau gesichert ist, sondern das neu verhandelte. Dies bedeute «massive Verschlechterungen», etwa durch Halbierung der Voranmeldefrist, die praktische Abschaffung der Kautionspflicht und der Dienstleistungssperren bei Verstössen gegen das Entsendegesetz und schliesslich wegen der Übernahme der EU-Spesenregelung.

Dann äussert Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard einen besonders bemerkenswerten Satz: «Diese Non-Regression-Klausel haben wir in einer zweistündigen Sitzung der Sozialpartner mit EU-Kommissar Maros Sefcovic herausgeholt. Das war vor eineinhalb Jahren.»

Mit diesem Satz offenbart sich das ganze Elend der bundesrätlichen Europapolitik. Offenbar darf so ziemlich jeder ins Verhandlungsmandat dreinreden. Es herrscht ein Jekami. Die Gewerkschaften und andere Sozialpartner verhandeln offenbar auf eigene Faust mit Brüssels Abgesandten. Dass bei den verworrenen, widersprüchlichen Resultaten niemand mehr drauskommt, verwundert nicht.

Wenn die Gewerkschaften direkt mit EU-Kommissar Sefcovic verhandeln dürfen, warum nicht auch Stephan Rietiker und Adrian Amstutz von Pro Schweiz? Oder gleich Marcel Dettling und Thomas Aeschi von der SVP?