Den eigentlichen Höhepunkt der diesjährigen Jahresversammlung von Pro Schweiz bildete ein Podium über die Zukunft der schweizerischen Neutralität. Die von Dominik Feusi (Nebelspalter) souverän geleitete Gesprächsrunde sorgte für Stimmung und temperamentvolle Äusserungen der Zustimmung oder Ablehnung durch das Publikum.

FDP-Präsident Thierry Burkart schien keineswegs unglücklich, dass Sanija Ameti, Präsidentin der Operation Libero, mit einiger Verspätung auf die Bühne stürmte. Denn dass sich diese Votantin gewissermassen auf seiner Seite ins Neutralitäts-Gefecht stürzte, löste bei ihm wenig Begeisterung aus.

Dafür hatte sich Ameti erklärtermassen als Referenz an den Veranstaltungsort, die Mehrzweckhalle der Kaserne Bern, mit einer Jacke des Tarnanzugs 90 der Schweizer Armee bekleidet. Das Tenue gehöre einem jungen Herrn namens Islamaj, dessen Eltern aus dem Kosovo in die Schweiz geflüchtet seien. Unsere Freiheit sei schon dann angegriffen, wenn die internationale Ordnung angegriffen sei. Jedenfalls wandte sich Frau Ameti gegen ein neutrales Abseitsstehen, plädierte für eine «Weltordnung» und ortete das Böse in Russland und China.

Dennoch wurde Sanija Ameti für ihren Mut, gewissermassen in der Höhle des Löwen aufzutreten, von den Mitgliedern von Pro Schweiz mit warmem Applaus begrüsst – auch wenn dieser die donnernde Lautstärke des Applauses für die Podiums-Teilnehmer Roger Köppel und Christoph Blocher nicht erreichte.

Doch dann tat Ameti, was sie leider meistens tut: Trotz dem überraschenden Outfit ihrer Armeejacke spulte sie, weniger originell, ihre zuvor auswendig gelernte Tirade herunter: «Sie, Herr Köppel, mit Ihrer Weltwoche sind die fünfte Kolonne Putins in der Schweiz. Sie sind der Feind im Inneren. Sie sind der Feind, der unsere Freiheit angreift, und entsprechend werden sie auch behandelt.»

Mit seiner Erwiderung, er rede als Journalist freundlich mit allen Menschen, auch wenn er deren Meinung nicht teile – sogar mit Sanija Ameti –, holte sich Köppel einen Riesenapplaus. Noch jubelnder war die Zustimmung, als der Chefredaktor der Weltwoche anfügte, er sei allerdings dagegen, dass im Schweizer Parlament nur einer spreche, nämlich Herr Selenskyj.

Da die Präsidentin der Operation Libero Christoph Blocher nicht auf dem Podium erwartet hatte, konnte sie auf ihn keine wohlvorbereitete Attacke reiten. Überhaupt gab der Doyen einer unabhängigen und neutralen Schweiz Frau Ameti auf deren Vorwurf des «Russland-Kuschelns» zu verstehen, es sei ihm gleich, was sie über ihn sage: «Denn in dieser Sache nehme ich Sie nicht ernst.»