Der internationale Druck auf Israel nimmt zu. Eine Uno-Resolution ist zum Schluss gekommen, dass die Regierung von Benjamin Netanjahu das humanitäre sowie das allgemeine Völkerrecht und generell die Menschenrechte verletze.

Tel Aviv habe «seine unrechtmässige Präsenz in den besetzten palästinensischen Gebieten so schnell wie möglich zu beenden», heisst es in dem Uno-Beschluss, der am Mittwoch in New York verabschiedet worden ist. Die Weltwoche berichtete.

Die Resolution stützt sich auf ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) und ist von Palästina eingebracht worden, das zwar noch immer über keine Vollmitgliedschaft in der Uno-Generalversammlung verfügt, jedoch seit Mai über erweiterte Rechte.

Den Arabern im Nahen Osten dürfte das gegenwärtige Meinungsklima zugutekommen. In den Ländern des globalen Südens, die den Beschluss grossmehrheitlich unterstützten, geniessen die Palästinenser viel Sympathie.

Die Schweiz, die sich ihrer Stimme enthielt, soll als Depositarstaat der Genfer Konventionen nun innerhalb von sechs Monaten «die notwendigen Vorbereitungen zu treffen, um dringend eine Konferenz zu organisieren», heisst es in der Resolution.

Nun gibt es kein Zurück mehr. «Wenn zwei Drittel der Mitglieder der Uno-Generalversammlung einer Konferenz über die Genfer Konventionen zustimmen, erhält die Schweiz als Depositarstaat das Mandat», sagt Pierre-Alain Eltschinger gegenüber der Weltwoche.

143 von 181 Staaten unterstützten die Resolution. Das sind deutlich mehr als zwei Drittel der Staaten. Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York sprach von «diplomatischem Terrorismus».

Auch bei einzelnen westlichen Staaten dürfte der Ärger gross sein. Neben Israel stimmten etwa auch Deutschland, Ungarn und die USA gegen die Resolution. Nicht unwahrscheinlich ist, dass die US-Regierung hierzulande gegen die Konferenz lobbyiert. Darauf angesprochen entgegnete EDA-Sprecher Nicolas Bideau gegenüber Le Temps: «Das können wir nicht kommentieren.» Gemäss der Zeitung haben die USA im Zusammenhang mit dem Israel-Palästina-Konflikt bereits 2023 Druck auf Bern ausgeübt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schweiz sich auf diplomatischer Ebene im Nahostkonflikt engagiert. Eine letzte vergleichbare Konferenz fand 2014 statt. Damals nahmen die ständigen Vertreter der Uno-Mitglieder in Genf teil. Dabei kamen Vertreter aus 126 Staaten zusammen und einigten sich darauf, «im besetzten palästinensischen Gebiet einschliesslich Ost-Jerusalem» das humanitäre Völkerrecht einzuhalten.

Gebracht hat es wenig. Und auch dieses Mal wird das Ganze wohl kaum einen grossen Nutzen bringen. «Es wird viel Aufwand benötigen und keinen Ertrag bringen», sagt Nahost-Experte Erich Gysling.

Auch von Vertretern der SVP ist bereits Kritik zu hören. Es könne nicht sein, dass bloss eine Seite die Guten Dienste der Schweiz beanspruche, so die Kritik. Man dürfe nicht die gleichen Fehler machen wie bei der Bürgenstock-Konferenz. Dort habe Bern sich die Bedingungen von Kiew aufzwingen lassen, so der Ton.

Die Vergleiche zum Bürgenstock hinken jedoch. Für die Nahost-Konferenz liegt ein Uno-Beschluss vor. Zudem handelt es sich hier um ein Treffen, das international breiter abgestützt sein dürfte, jedoch deutlich weniger hochrangig besetzt sein wird. Staatschefs dürften wohl kaum in die Calvin-Stadt kommen.
Auch gibt hier kein Staatschef der Schweiz den Tarif durch, wie die Konferenz zu gestalten sei. Anders als beim Bürgenstock-Treffen, wo der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj lediglich bei Bundespräsidentin Viola Amherd anklopfen musste. Und daraufhin Bern grosso modo machte, was der Machthaber in Kiew anordnete.

So aussichtslos das diplomatische Unterfangen sein mag: Einen Lichtblick gibt es: Die Schweizer Diplomatie geniesst offenbar noch immer Vertrauen – nun liegt es am diplomatischen Fingerspitzengefühl der Schweiz, das Beste herauszuholen.