Bei der zweiten Wiederwahl von morgen Mittwoch – jener des Tessiner FDP-Bundesrats Ignazio Cassis – wird sich zeigen, ob wir im Nationalratssaal einen ruhigen oder einen aufgeregten Morgen zu erwarten haben.

Sollte der grüne Sprengkandidat Gerhard Andrey wesentlich mehr Stimmen als jene der grünen und allenfalls noch der grünliberalen Parlamentarier erreichen, dürften diese aus dem SP-Lager stammen. Damit aber hätte die SP die Konkordanz gebrochen und würde die Wiederwahl von Elisabeth Baume-Schneider, vor allem aber die Besetzung des zweiten SP-Sitzes im Bundesrat bei der siebten und letzten Wahl gefährden.

Es ist anzunehmen, dass Thomas Aeschi vor der Wiederwahl von Cassis die ziemlich einhellige Unterstützung seiner SVP verkünden wird. Damien Cottier wird das gleiche einstimmige Ergebnis für die FDP bekanntgeben, und auch Philipp Matthias Bregy dürfte namens der Mitte bekräftigen, dass sie keine amtierenden Bundesräte abwählt.

Spannend wird dann die Stellungnahme des SP-Chefduos Samira Marti und Samuel Bendahan und erst recht das Stimmverhalten ihrer Fraktion. Sollte die SP Ignazio Cassis ein blamables Ergebnis bereiten, dürfte sich der ohnehin bestehende Groll gegen das von der SP vorgeschlagene Kandidaten-Doppel Beat Jans und Jon Pult massiv auf den Stimmzetteln niederschlagen.

Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch hat bislang seit seiner Nichtnomination über seine Pläne vom Mittwoch beharrlich geschwiegen. Aus seinem nahen Umfeld, von Personen, die ihn gut kennen, ist immerhin zu vernehmen, dass Jositsch eine allfällige Wahl zum Bundesrat annehmen würde.

Ständeräte wählen ohnehin sehr gerne Ständeräte in den Bundesrat. Manche Volksvertreter dürften den Rückhalt des Zürcher Strafrechtsprofessors bei der Bevölkerung in Rechnung stellen. Bei den Sicherheitspolitikern kommt in diesen unruhigen Zeiten ein Oberstleutnant Jositsch ohnehin besser an als ein Armeeabschaffer oder Armeekritiker.

Der Verband militärischer Gesellschaften Schweiz hat jedenfalls in einer aufsehenerregenden Stellungnahme Jon Pult als unwählbar erklärt. Bei Beat Jans, dem Kandidaten mit den deutlich besten Chancen, steht die Vereinigung offensichtlich Gewehr bei Fuss. Bei einer Überraschungswahl von Jositsch aber würde sie vermutlich Freudensalven abschiessen.