Die Geschichte ist ziemlich schrĂ€g – und passt exakt deshalb in die heutige Zeit. Der Amerikaner Bruce Jenner war der König der Leichtathletik. An den Olympischen Spielen 1976 in Montreal gewann er die Goldmedaille im Zehnkampf.

Doch Jenner – aufgrund seiner sportlichen Höchstleistungen der Inbegriff eines Mannes und Vater von sechs Kindern – fĂŒhlte sich im falschen Körper geboren. Eine erste Geschlechtsumwandlung stoppte er, weil er die (weibliche) TV-Schönheit Kris Kardashian kennenlernte. Das war 1991.

Im April 2015 sah die Welt wieder anders aus – ganz anders. In einem TV-Interview sagte Bruce Jenner: «Ich bin eine Frau.» Dann wird er zu Caitlyn und ziert wenig spĂ€ter als perfekt gestylte Lady das Cover der Zeitschrift Vanity Fair. Die LGBTQ-Bewegung ist hin und weg. Sie hat eine neue Ikone – und ein Vorbild fĂŒr die Ewigkeit. Scheinbar.

Caitlyn Jenner verhĂ€lt sich nicht so, wie dies das woke Amerika gerne hĂ€tte. Im MĂ€rz 2016 erzĂ€hlt sie freimĂŒtig, dass sie den republikanischen Senator Ted Cruz möge. Als Jenner schliesslich auch noch Donald Trumps Kandidatur fĂŒr die PrĂ€sidentschaft unterstĂŒtzt, verwandelt sich die Begeisterung linker Kreise in pures Entsetzen.

SpÀter schreibt Caitlyn in einem Gastbeitrag in der Tageszeitung USA Today: «Mein Coming-out als Republikanerin war noch komplexer als dasjenige als Transperson.»

Und sie, die als Mann einst den Sport dominiert hatte, sagt klipp und klar: «Es widerspricht jeglicher Fairness, wenn Transpersonen, die als MĂ€nner geboren worden sind, im Frauensport mitmachen. Ich sehe sie an und frage mich: Wie kann sie sich gut fĂŒhlen dabei, Frauen die TrophĂ€e wegzunehmen? Es ist einfach falsch.»

Caitlyn Jenner bezeichnet sich selber als «Vertreterin des gesunden Menschenverstands»: Keine Hormontherapie der Welt könne aufheben, was eine mÀnnliche PubertÀt in einem Körper bewirke. Die Transschwimmerin Lia Thomas habe ein grösseres kardiovaskulÀres System, lÀngere Arme und Beine und mehr Muskelmasse als biologische Frauen.

Und Jenner geht noch weiter: «Ich bin keine biologische Frau, und das erkenne ich an.» Zur Transition gehöre auch Verantwortung. Fairness zĂ€hle mehr als Gleichheit. Deshalb wĂŒrde sie nie an einem Golfturnier fĂŒr Frauen teilnehmen – mit der simplen und doch so komplexen BegrĂŒndung: «Ich werde nie gleich sein wie sie.»