Die von der Weltwoche organisierte Veranstaltung in den Wiener Sofiensälen mit Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, Altbundeskanzler Gerhard Schröder und einem grossen Teil des österreichischen Polit-Establishments wirft in Deutschland und Österreich hohe mediale Wellen.

Die Frankfurter Allgemeine liefert den geopolitischen Ansatz und schreibt, dass Orbán vor allem darauf hoffe, dass ein Wahlsieg Donald Trumps in den USA zu einer Friedenslösung in der Ukraine nach seinen Vorstellungen führen werde: «Orbán geht fest von einem Sieg Trumps aus, und danach würden sich die Republikaner im Handumdrehen mit dem russischen Präsidenten hinsetzen, um Verhandlungen zu führen.»

Unter dem Titel «Dieser Krieg wurde verloren» beschreibt die FAZ die unausgesprochene Botschaft des Abends: «Hätte die Welt nur früher auf Schröder und Orbán gehört, gäbe es keinen Krieg mehr in der Ukraine. Dass es vermutlich auch keine Ukraine mehr gäbe, steht auf einem anderen Blatt.»

Der politisch links positionierte Spiegel titelt: «Der bizarre Gipfel der Putin-Freunde» – und thematisiert die Einigkeit der Protagonisten: «Die EU ist schwach, versteht die Russen nicht, ein Waffenstillstand muss her – finden Viktor Orbán und Gerhard Schröder bei einer Veranstaltung des stramm rechten Verlegers Roger Köppel in Wien.» Auch bei Donald Trump seien sich die Diskussionsteilnehmer «ausgesprochen einig».

Die Tageszeitung Welt erlebt einen «Friedensgipfel», bei dem Orbán dem Altbundeskanzler quasi die Absolution erteilt: «In geopolitischen Fragen folge ich immer Herrn Schröder.» So hoffen beide im US-Wahlkampf auf Donald Trump, wie das Onlineportal Nius.de bemerkt: «Trump als Hoffnungsträger», er könnte den Ukraine-Krieg in den Augen Orbáns und Schröders beenden.

In Österreich schauen die Zeitungen vor allem auf die «eigenen» Leute und geben sich irritiert, dass der neue Nationalratspräsident Walter Rosenkranz ausgerechnet Orbán als ersten Staatsgast empfing.

Die Kronen-Zeitung schreibt dazu: «Der erste internationale Gast für Rosenkranz ist für viele eine Provokation. Ein Gegner der liberalen Demokratie sei er, so Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen.» Das Signal sei fatal, so das Blatt weiter: «Wer Orbán zum Vorbild hat, schadet dem Land und den Leuten.»

Weniger fatalistisch sieht es die Kleine Zeitung. Unter dem Titel «Privater Besuch mit offiziellem Anstrich» schreibt sie: «Orbán reiste eigentlich nach Wien, um am Donnerstag an einer Diskussionsveranstaltung der Schweizer Wochenzeitung Weltwoche teilzunehmen – verband diesen Termin allerdings mit einem Besuch bei Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ).» Ganz ohne Kritik kommt aber auch diese Publikation nicht aus: «Dass ausgerechnet Orbán, ein Verfechter der von ihm so bezeichneten ‹illiberalen Demokratie› Rosenkranz’ erster Gast ist, stiess bei den anderen Parteien auf Missfallen.»

Der Kurier zeigte sich vor allem von der gastgebenden Weltwoche beeindruckt: Unter dem Titel «Eine grosse Bühne für Viktor Orbán» wertete sie die Rollenverteilung differenziert: «Star war für die meisten nicht Schröder oder Orbán, sondern Roger Köppel.»

In den Schweizer Medien muss man lange suchen, bis man eine Erwähnung des Treffens an der Donau findet. Die Schaffhauser Nachrichten schreibt nüchtern: «Ungeachtet der Kritik mehrerer Parteien hat Österreichs frisch gewählter Parlamentspräsident Walter Rosenkranz von der rechten FPÖ als ersten Gast den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán empfangen.»

Derweil kommentiert das Internetportal Nau skeptisch: «Die österreichische Opposition kritisierte den Besuch scharf.» Grünen-Chef Werner Kogler nannte das Signal «fatal», wie Der Standard schreibt. SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler warf Rosenkranz vor, «seiner Rolle nicht gerecht zu werden».