Die grosse ukrainische Gegenoffensive scheiterte auch an Meinungsverschiedenheiten zwischen Kiew und Washington. Dies zeigt ein ausführlicher Bericht der Washington Post. Das Blatt schildert Unstimmigkeiten bei Strategie, Taktik und Timing. Während die USA auf einen schnellen Beginn der Offensive drängten, um Russland an der Verstärkung seiner Verteidigungslinien zu hindern, zögerte die Ukraine. Präsident Wolodymyr Selenskyj wartete auf zusätzliche Waffen und Training für seine Soldaten.

Die USA und ihre westlichen Verbündeten führten acht umfangreiche Szenarien durch, um einen Plan für die Offensive zu entwickeln. Allerdings zeigte sich, dass die USA die Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte überschätzten, sich rasch westliche Methoden anzueignen. Ein Nachteil sei auch der Mangel an Luftunterstützung gewesen.

Ukrainische und amerikanische Militärs waren sich weiter uneinig, ob eine Frontalattacke auf russische Linien durchführbar sei, schreibt die Washington Post. Die Simulationen kamen zu dem Schluss, dass die ukrainischen Truppen im besten Fall erst innerhalb von sechzig bis neunzig Tagen das Asowsche Meer erreichen und russische Truppen im Süden abschneiden könnten.

Dann befürworteten die USA einen fokussierten Angriff entlang der südlichen Achse, hingegen glaubte die ukrainische Führung, dass ihre Streitkräfte an drei verschiedenen Punkten entlang der 600 Meilen langen Front angreifen müssten: südwärts in Richtung Melitopol und Berdjansk am Asowschen Meer und ostwärts in Richtung der umkämpften Stadt Bachmut.