Vielleicht lasse ich mich von meiner Begeisterung davontragen, aber London ist meines Wissens die einzige Weltstadt, die es geschafft hat, einen öffentlichen und einen individuellen Verkehr mit Kultstatus zu etablieren. Die Untergrundbahn, liebevoll «tube» genannt, die roten Busse mit zwei Etagen und schliesslich das ikonische Londoner Taxi namens «Black Cab» gehören fest zum Erscheinungsbild der britischen Metropole.

 

Nur Vorteile für den Fahrgast

Als ich kürzlich in London war und nicht viel später als fünfzehn Minuten nach der Landung das Gebäude des City Airport verlassen hatte, stellte ich mich selbstverständlich in die Warteschlange für London-Taxis. Via App einen Uber oder Bolt zu bestellen, wäre einfacher – und sogar noch etwas billiger – gewesen, mit Bus und U-Bahn ins Stadtzentrum zu gelangen, hätte einen Bruchteil der Taxifahrt gekostet. Aber nur das Black Cab beschert einem diese Sicherheit, in London angekommen zu sein.

Die Taxis, die auch «hackney carriage» genannt werden und letztlich eine reiche Geschichte haben, die bis ins 16. Jahrhundert und zu den Pferdegespannen zurückverfolgt werden kann, prägen das Stadtbild wie der Big Ben, die Tower Bridge oder das Hochhaus «The Gherkin». Seit einiger Zeit findet sich auf den Fahrzeugen die unaussprechliche Buchstabenkombination «LEVC», die am Heck angebracht ist. Die London EV Company hat The London Taxi Company Limited ersetzt und stellt die mittlerweile elektrisch angetriebenen Black Cabs her. Für den Fahrgast hat das nur Vorteile, der E-Motor ist naturgemäss leise und erlaubt es dem Chauffeur ausserdem, zügig in kleine Lücken im Verkehrsstrom vorzustossen.

Mein Ziel war das «Como Metropolitan»-Hotel an der Old Park Lane, wo ich mich für drei Tage in einem schönen Zimmer in der neunten Etage am beruhigenden Blick auf den Hyde Park erfreuen konnte. Das «Como» beherbergt ein «Nobu»-Restaurant des hocherfolgreichen Multigastronomen Nobu Matsuhisa, und ausserdem wird ein ausgezeichnetes Frühstück serviert. Zu der global tätigen Hotelkette gehört ein eigens entwickelter Küchenstil für gesunde Ernährung, dessen Geheimnis eine Mischung aus rohen und gekochten Zutaten ist. Empfehlenswert ist daraus beispielsweise der Quinoa-Porridge mit Birnen und Cranberrys. Wer es gerne klassisch und ernährungstechnisch rustikaler mag, sollte Eggs Benedict bestellen, dieser Frühstücks-Bestseller wird im «Como» in sehr guter Qualität serviert.

Der London-Trip war als kulinarische Bildungsreise geplant, mittags und abends fuhr ich jeweils irgendwohin in dieser faszinierenden Metropole des guten Essens, um Restaurants unterschiedlichster Stile kennenzulernen. Und ich fand es eine gute Idee, dafür jeweils ein Black Cab rufen zu lassen. So gut Uber mittlerweile fast überall auf der Welt funktioniert – in London ist die konventionelle Taxi-Konkurrenz besser als der Herausforderer aus dem Silicon Valley. Die Cabs sind geräumig, die Sitzposition ist für eine bessere Sicht auf die Stadt leicht erhöht, und der Fahrer möchte nicht einmal im Ansatz ein Gespräch mit dem Gast im Fond beginnen, weil eine Scheibe die beiden trennt. Man kann das als soziale Verarmung sehen;​ ich würde entgegnen, dass diese Form der Raumtrennung zwischen Fahrer und Fahrgast ehrlicher und angenehmer ist für alle Beteiligten.

Jeden Tag trat ich also zweimal aus der gläsernen Drehtür des «Como Metropolitan», sprach kurz mit dem elegant gekleideten Portier, der mir daraufhin ein Taxi heranzuwinken pflegte. Die Wartezeit betrug dafür zuverlässig nur wenige Sekunden: Zum einen gibt es trotz einem Rückgang von 22 200 im Jahr 2013 auf 15 100 im Jahr 2023 immer noch sehr viele Black Cabs in London. Und zum andern sind die Hotelportiers sehr effizient darin, für die eigene Klientel eines vor den Hoteleingang zu lotsen. Sobald das Taxi zum Stehen kommt, öffnet einem der Portier die Tür und informiert den Fahrer über das Ziel, es ist alles eine fliessende Bewegung menschlich-maschineller Interaktion.

 

Chinesisch mit zwei Sternen

Auf meinen Taxiresien durch London erreichte ich unter anderem das Restaurant «A. Wong» an einer unauffälligen Strasse in Westminster. Es liegt gegenüber einem Supermarkt und ist das einzige chinesische Lokal ausserhalb Chinas, das mit zwei Sternen im «Guide Michelin» ausgezeichnet ist. Abends fuhr ich in die Heddon Street. Das heisst, ich liess mich in der Nähe absetzen, weil die Strasse selbst autofrei ist und eigentlich nur aus Gastronomie besteht. Ich kann dort den Besuch des Restaurants «Fonda» empfehlen, das kürzlich aufgemacht hat und mexikanische Küche in zeitgemässem Ambiente bietet, wobei die Tacos laufend frisch auf tradionelle Art zubereitet werden. Das ist fast so heimelig wie die anschliessende Fahrt im Black Cab zurück zum Hotel.