Der Bundesrat will heute die ausgehandelten bilateralen Verträge II unterschreiben. Ohne vorgängige Zustimmung des Volkes. Das weitere Verfahren, sagt Joseph Deiss, wolle man erst nach der Unterzeichnung regeln. Eine eigenartige Umkehrung der Abläufe. Offensichtlich möchte die Regierung eine Volksbefragung vermeiden. Warum eigentlich? Wenn die offenen Grenzen Schengens eine so tolle Sache wären, brauchte doch niemand einen Urnengang zu fürchten.

Wie sehr Politiker dem Volk misstrauen, zeigt der Weg Deutschlands nach Europa. Durfte unser Nachbar über die Einführung des Euros abstimmen? Nein. Helmut Kohl rühmt sich noch heute, die Beerdigung der D-Mark am Volk vorbeigeschmuggelt zu haben. Durften die Deutschen über die Verträge von Amsterdam und Nizza befinden? Verträge notabene, die eine Machtkonzen-tration in Brüssel und das Streben nach einer gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik beinhalten. Gab es ein Referendum über die Osterweiterung? Nein, das Europa der Bürokraten hält wenig von demokratischer Legitimation. Dabei heisst es so wunderschön im deutschen Grundgesetz: «Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen [...] ausgeübt.»

Die Furcht vor dem Volk existiert auch in der direktdemokratischen Schweiz. Bereits werden verfassungsrechtliche Bedenken vorgeschoben. Der Vertrag über Schengen/Dublin, belehrt uns die NZZ, solle dem Souverän nicht ohne Not vorgelegt werden; er sei «kein Beitritt zu einer supranationalen Gemeinschaft oder zu einer Organisation für kollektive Sicherheit» und unterstehe damit auch keinem obligatorischen Referendum.

Hier müsste der Bundesrat energisch widersprechen. Noch 1999 hat er zu den sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU wörtlich festgehalten, «dass solche Verhandlungen für jene Bereiche nicht in Frage kommen, bei deren Regelung Souveränitätsübertragungen an supranationale Instanzen unerlässlich sind». Worauf in Klammern angeführt werden: Zollunion, Währungsunion, Sicherheitspolitik und... Schengen! Plötzlich soll es sich bei Schengen nur noch um einen nichtigen, kleinen Vertrag handeln, der keiner Volksabstimmung bedarf? Nimmt denn die unehrliche Europapolitik des Bundesrates kein Ende? Einzig wer das Volk belügt, muss die Demokratie fürchten.

Der Autor ist Historiker und SVP-Nationalrat.