Mit «Partir», ihrem ersten Soloalbum, greift Elina Duni, die Sängerin zwischen zwei Welten, ein nicht erst seit Goethe («Willkommen und Abschied») grosses Thema der Weltliteratur auf. Geboren in Tirana, wuchs sie ab ihrem elften Lebensjahr in der Schweiz auf. Alle ihre Lieder haben mit der Spannung zwischen dieser ihrer Herkunft und Ankunft zu tun, nie sentimental, immer melancholisch: mit diesem Dazwischen, um welches es in ihrer Beschäftigung mit der Folklore des Balkans immer geht. Zusammen mit ihren Partnern, dem Trio des wunderbaren Jazzpianisten Colin Vallon, war die Distanz zu ihren balkanischen roots immer ebenso wichtig wie ihre Rückkehr dahin. Emotional gesagt: der Abschied davon.

Jetzt ist Duni all alone, ihre flexible, anrührende, von tiefen Altlagen bis in die Sopranregister ans Herz greifende Stimme, nur sparsamst begleitet von ihr selbst am Piano, auf der Gitarre oder der Handtrommel. Das ist, versteht sich, gleichzeitig ein Zugewinn an Intimität und ein Verlust an Spannung. Und der Wunsch, die Auflösung der alten Partnerschaft sei keine endgültige, bedeutet keine Herabsetzung von Dunis vielsprachiger cérémonie des adieux.

Sie singt in neun Sprachen: auf Albanisch und Deutsch, aber auch Französisch (Jacques Brels fabelhaftes Chanson «Je ne sais pas»), Italienisch (Domenico Modugnos nicht weniger bewegendes «Amara terra mia»), Portugiesisch (Alain Oulmans «Meu amor»), Arabisch, Englisch (das einzige Original), ein wunderschön märchenhaftes jiddisches Lied («Oyfn Veg») und zum Abschluss auf Schweizerdeutsch das Volkslied «Schönster Abestärn». Die naheliegendsten Standards zum Thema vermeidet Elina Duni («Partir, c’est mourir un peu», oder Cole Porters Meisterwerk «Ev’ry Time We Say Goodbye [I Die a Little]» (mit der grossen bridge: «I can hear a lark somewhere begin to sing about it / There’s no love song finer but how strange the change from major to minor»). Aber das ist angesichts der Auswahl insgesamt und der ausnahmslos im Booklet gedruckten schönen Texte fast ein Gewinn. No jazz, gewiss. Aber eine sehr persönliche, sehr intime Anthologie zu einem grossen Thema.

Elina Duni: Partir. ECM 2587