Es war eine seltsame Schlagzeile am Mittwoch in der Boulevardzeitung Blick. Da war die Schweizer Nationalmannschaft am Abend zuvor gegen Bosnien-­Herzegowina nach einem lust- und konzeptlosen Spiel untergegangen, und unser grösstes Boulevardblatt titelt: «Bosnier ärgern Petkovic bis aufs Blut». Einen Tag später inszeniert das Blatt den dauerhaft unmotiviert ­wirkenden Trainer als heldenhaften ­Feuerwehrmann. «Diese Brandherde muss der Nati-Coach löschen!», lautet die fast schon liebevolle Schlagzeile.

Einst musste sich der Nationaltrainer vor dem Blatt fürchten, man erinnere sich nur an den Portugiesen Artur Jorge, den der Blick in einer wochenlangen Kam­pagne vorführte und schliesslich auch abschoss. Ja, die Artikelserie war schamlos, überbordend und ungerecht – aber das ist genau das, was Boulevard ausmacht. ­Heute findet sogar die nüchterne NZZ in Sachen Nationaltrainer deutlichere Worte als der Blick. Hat der Kuschelkurs mit der Verquickung von Ringiers Vermarktungsfirma Infront mit dem Schweizer Fussballverband zu tun? Oder hat man gar Angst, harte Schlagzeilen gegen Petkovic könnten als Ausländerfeindlichkeit ausgelegt werden?

Mit erhobenem Zeigefinger

Fast täglich reibt man sich die Augen über das einst gewitzte und aggressive Blatt, nicht nur beim Thema Fussball. Nach den für die Schweiz völlig unbedeutenden Landtagswahlen in Deutschland ­titelte die Zeitung auf der Frontseite: «Aufstand gegen die Anständige». Die neue deutsche Blick-­Chefredaktorin, von der zuvor noch nie ­jemand gehört hatte, erteilte ihrer ­Heimat mit erhobenem Zeigefinger den sinnfreien Ratschlag, eine Haltung wie dieje­nige der Schweiz bei der Durch­setzungsinitiative «hätte auch Deutschland gutgetan».

Anstatt lustvoll auszusprechen, was den Leuten unter den Nägeln brennt und auch mal voll auf den Mann zu spielen, gibt man sich lieber als Hüter des Anstands. Es ist ein Symptom des Niedergangs in die Bedeutungslosigkeit: Wenn man schon keinen Einfluss mehr hat, so möchte man doch wenigstens im ­Medienethik-Seminar lobend erwähnt werden.