Zak attackiert aus dem Hinterhalt. Er knipst dem Gegner eine Klammer ums Bein und verschwindet so lautlos und flink, wie er kam. Jeder irakische Kampfschwimmer oder tauchende Selbstmordattentäter, der es wagt, sich der Fünften US-Flotte vor Bahrain zu nähern, wird dieser Prozedur unterzogen. Zak und seine Artgenossen hängen den Feind an die Angel. «Der merkt nichts», sagt Tom LaPuzza, Sprecher des Meeressäugerprogramms der US-Marine, «bis er die Klammer am Bein hat und hochgekurbelt ist.» Einige Seelöwen tragen bei ihren Unterwasserpatrouillen einen Rucksack voll roter Farbe, der sich bei Feindkontakt entleert und so den Standort verrät. Ausserdem haben die zwanzig Elite-Robben im Space and Naval Warfare Systems Center in San Diego gelernt, Minen in bis zu 300 Meter Tiefe aufzuspüren und an einen Haken zu nehmen, damit sie geborgen und entschärft werden können.

Früher wurden meist Delfine für solche Jobs eingesetzt. Die waren jedoch weniger gelehrig und liessen sich leichter ablenken. Es kam vor, dass sie in libidinösem Überschwang versuchten, versunkene Torpedos zu begatten. Motivation, Intelligenz und Disziplin scheinen bei Seelöwen ausgeprägter zu sein. Deshalb stehlen sie nun im Krieg gegen Saddam den berühmten US-Navy-Delfinen die Show. Zoologen können das gut nachvollziehen. Denn die Kognitionsforschung brachte an den Tag, dass die geistigen Fähigkeiten, die man bei Delfinen vermutete, eher bei Robben zu finden sind.

Seit über vierzig Jahren stehen Meeressäuger im Dienst der US-Marine. Die ersten Delfine, die 1959 für den Militärdienst eingefangen wurden, sollten eigentlich nur Modell stehen. Man wollte ihre stromlinienförmigen Körper erforschen, um schnellere Torpedos zu entwickeln. Doch dann zeigte sich, dass die Tiere auch als Biowaffen tauglich sind. Zum ersten Einsatz kam es im Vietnamkrieg, nachdem Vietcong-Taucher amerikanische Treibstoff- und Munitionsdepots in der Cam-Ranh-Bucht in die Luft gesprengt hatten. Daraufhin wurden Kampf-Delfine aus San Diego eingeflogen, die fortan in der Bucht patrouillierten. Es kam zu keinem weiteren Anschlag. Die Delfine waren so dressiert, dass sie Tauchern die Mundstücke entreissen und sie mit ihrem harten Schnabel an die Oberfläche schubsen sollten. Während des irakisch-iranischen Krieges schützten Delfine amerikanische Stützpunkte am Persischen Golf, und im ersten Golfkrieg 1991 geleiteten sie kuwaitische Öltanker sicher ins Arabische Meer.

Auch die indische Armee unterhält eine eigene Delfineinheit. Jahrzehntelang verfügte Russlands Militär ebenfalls über ein Meeressäugerprogramm, das im Schwarzen Meer stationiert war. Doch in den neunziger Jahren wurde es aus Geldmangel aufgegeben, und die 120 Tiere wurden an Show-Aquarien verkauft. Seit kurzem experimentiert die russische Flotte erneut mit Meeressäugern, diesmal mit Robben. In Murmansk werden Seehunde für den Dienst am Vaterland dressiert. Einer der Trainer, Major Vitali Korenko, gestand frank und frei, dass die Robben nicht nur für defensive Einsätze ausgebildet werden: «Wir denken natürlich auch daran, die Seehunde als Unterwasser-Saboteure auszubilden. Dann könnten sie Haftminen an U-Booten und Schiffen anbringen.»

Artenvielfalt im Militärzoo

Angesichts von GPS- und lasergesteuerten Marschflugkörpern wirkt der Einsatz dressierter Robben wie bizarre Militärfolklore. Doch die Seelöwen vor Bahrain arbeiten effizienter und verlässlicher als jedes technische Überwachungssystem oder menschliche Unterwasserwachtposten. Auch wenn man im 21. Jahrhundert beim Stichwort «biologische Waffen» eher an Milzbrandbakterien und Pockenviren denkt, bleiben Tiere im Krieg unverzichtbar. Sogar Pferde werden nach wie vor gebraucht, obwohl heute keine Kavalleristen mehr mit gezogenen Säbeln in die Schlacht galoppieren.

Im Bosnienkrieg transportierten englische Soldaten Treibstoff auf Pferden und Maultieren in die von Serben abgeschnittene UN-Enklave Gorazde. Im Kosovokrieg kam der Nachschub für die UCK per Maultierkolonne aus den Bergen Albaniens. Pferde waren die ersten Kriegstiere und zu allen Zeiten mit Abstand die militärisch bedeutendsten. Schon vor 4000 Jahren, lange bevor man auf die Idee kam, dass Pferde auch Pflüge ziehen könnten, wurden auf ihrem Rücken Reiche erobert.

Pferde und Maultiere stellen über neunzig Prozent aller tierischen Rekruten. Würde man einen Zoo der Militärgeschichte eröffnen, böte er dennoch eine erstaunliche Artenvielfalt. Hinter dem Delfinarium, dem Robbenbecken und der Pferdekoppel stünde auch ein Insektarium. In Vietnam experimentierte die US-Armee mit Wanzen, die, in Spezialkapseln verpackt, anschleichende Vietcong riechen sollten. Das Freudengeheul der kleinen Blutsauger wurde durch Verstärkertechnik an weit entfernte Wachtposten übermittelt. Dass die Amerikaner Kartoffelkäfer über Nazi-Deutschland und später über der DDR abgeworfen haben sollen, ist übrigens ein Gerücht aus den Propagandaküchen von Goebbels und Ulbricht.

In den Gehegen des Militärzoos stünden Elefanten, Rentiere, Lamas, Jaks und Wasserbüffel. In den Kolonialkriegen des 19. Jahrhunderts versuchten deutsche und englische Schutztruppen auch Zebras und Strausse als Reittiere zu zähmen. Sie waren jedoch nicht kriegstauglich. Gänse hingegen bewährten sich von der Antike bis heute als verlässliche Alarmanlagen. Die US-Armee setzt sie an Raketenstützpunkten und anderen besonders gefährlichen Objekten ein. Auch Hühner werden verwendet: Im Irakkrieg sollen sie als Gasindikatoren dienen und den Einsatz von Giftgas anzeigen.

Tiere beim Militär dienten und dienen als Boten, Bewacher, lebendiger Proviant, Waffen und Versuchsobjekte. Bevor es motorisierte Einheiten gab, hatten Reit-, Trag- und Zugtiere die bei weitem grösste Bedeutung. Sie schafften Menschen und Material an die Front und holten Verwundete ab. Die deutsche Wehrmacht setzte hierfür im Zweiten Weltkrieg neben Maultieren und Pferden auch 250 Reitdromedare, Rentiere, Schlittenhunde und über tausend Zug-ochsen ein. Von den Ochsen zeigten sich die Generäle wenig begeistert. Bei einer Tagesleistung von durchschnittlich zwanzig Kilometern bremsten sie jede Marschkolonne. Ausserdem brauchten sie, im Gegensatz zu Pferden, lange Pausen zum Wiederkäuen. Die 4. Panzerarmee in der Salzsteppe südlich von Stalingrad hatte zeitweise sechzig Kamele eingezogen. Als sich herausstellte, dass sie die Pest übertrugen, wurden sie eilig wieder ausgemustert.

Gefiederte Boten

«Selbstreproduzierender Kleinflugkörper auf biologischer Basis mit fest programmierter automatischer Rückkehr aus beliebigen Richtungen und Distanzen.» So definierte ein «Technisches Merkblatt» der Schweizer Armee das internationale Friedenssymbol schlechthin: die Taube. Während des Ersten Weltkrieges kamen die Vögel mit dem unerschütterlichen Heimfindesinn zur Truppe. Bei der Realisierung der Armee 1995 wurden sie wieder abgeschafft, um die 600000 Franken Kosten für die 30000 Vögel und ihre Betreuer einzusparen. Es ist fraglich, ob das eine weise Entscheidung war, denn die gefiederten Boten haben Vorteile, die weder motorisierte Kuriere noch die elektronische Datenübermittlung bieten können. Sie sind unauffällig, radarsicher, brauchen keinen Strom, man kann sie nicht abhören, und im Übrigen können sie ausser Nachrichten auch noch kleine Lasten transportieren, etwa Boden- oder Blutproben. Schickt man zwei Brieftauben mit derselben Nachricht ab, erreicht die Übermittlungssicherheit nahezu hundert Prozent. Tauben können täglich bis zu tausend Kilometer zurücklegen und sich sogar bei geschlossener Schneedecke orientieren. 1940 regte der amerikanische Verhaltensforscher Burrhus F. Skinner an, Tauben als Raketenleitsysteme zu nutzen. Die Tiere sollten auf bestimmte Zielmuster geprägt werden und dann, im Kopf einer Rakete kauernd, durch das Picken auf Lenkknöpfe das gewünschte Ziel ansteuern. Nach einigen Versuchen brachen die US-Militärbehörden das Projekt ab.

Während der taktische Vorteil der Tauben in der Unauffälligkeit liegt, bestand er bei Elefanten in ihrer erschütternden Auffälligkeit. Sie kamen erstmals in Indien vor 2500 Jahren zum Einsatz und letztmals ebenfalls in Indien, zu Anfang des 19. Jahrhunderts im Kampf gegen britische Kolonialtruppen. Dazwischen schlugen diese Panzer der Antike zahllose Schlachten im gesamten südlichen Asien, in Nordafrika und Europa. In den Dschungelkriegen des 20. Jahrhunderts wurden zwar immer noch ein paar Elefanten mitgeführt, doch nicht mehr als Waffe, sondern nur noch als Tragtier.

Schweine gegen Elefanten

Nach dem französischen Historiker und Zoologen Robert Delort gehören Elefanten eher zur psychologischen Kriegsführung. Denn das Schlimmste an ihnen ist der Anblick. Truppen, die an Elefanten gewöhnt waren, liessen sich von ihnen nicht mehr in die Flucht schlagen. Die grauen Kolosse waren auf dem Schlachtfeld schwierig zu steuern. An einen taktischen Einsatz war kaum zu denken. Sobald ihr Mythos verblasste, konnte jeder Infanterist sie ausser Gefecht setzen, am wirksamsten mit Brandpfeilen. Man hieb ihnen auch mit Streitäxten in die Kniekehlen, stiess ihnen Lanzen in die Flanken oder trennte mit Sicheln den Rüssel ab. Um dem zu entgehen, liessen manche Feldherren ihren Elefanten Harnische anlegen. Aber auch dies half nichts, wenn die Tiere, was oft geschah, in Panik die eigenen Reihen niedertrampelten. Die Römer kannten die Schwäche und trieben ihnen mit Pech bestrichene brennende Schweine entgegen, deren angstvolles Quieken die Kolosse rasend machte. Für solche Fälle hatten die gegnerischen Reiter, die hinter den Ohren sassen, eine Art Notbremse parat. Mit Hammer und Meissel durchtrennten sie die Halswirbelsäule.

Auch Pferde konnten als Waffe benutzt werden. Die Kapriole, ein Kunstsprung, der heute noch in der Spanischen Hofreitschule in Wien vorgeführt wird, hat ihren Ursprung im Kampf des Ritters gegen das Fussvolk. Auf Befehl sprangen die schweren Kaltblüter in die Luft und schlugen mit aller Gewalt nach hinten aus. Wer es gewagt hatte, sich von hinten zu nähern, riskierte einen zertrümmerten Schädel. Für Jahrtausende blieb die Kavallerie die wichtigste Waffengattung.

Der grösste Pferdekrieg der Geschichte fand aber erst im 20. Jahrhundert statt, als alle glaubten, die Reiterei habe ausgedient. Sieben Millionen Pferde kamen im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz, hauptsächlich auf deutscher und sowjetischer Seite. «Die Kavalleriedivisionen der Roten Armee erwiesen sich als wirkungsvoller als Panzerverbände», schrieb der Historiker Raymond Cartier. Zu den wenigen Befehlshabern aus der Zeit der Oktoberrevolution, die Stalin am Leben gelassen hatte, zählte Semjon Budjonny, der legendäre rote Reitergeneral. Der Altbolschewist Karl Radek sagte einmal, Budjonnys Lieblingsstute sei so intelligent wie Stalin. Er wurde erschossen.

Das übelste Pferdemassaker des Zweiten Weltkriegs richteten deutsche Soldaten an. Als am 8. Mai 1944 der Befehl erging, die Krim zu räumen, konnten viele Pferde nicht mitgenommen werden. Die Wehrmachtsgeneräle waren nicht bereit, die Tiere den Russen zu überlassen. In kürzester Zeit wurden 30000 Pferde erschossen. Die letzten trieb man über die Klippen und eröffnete das MG-Feuer auf sie. Im deutschen Heeresveterinärwesen waren im Krieg 125000 Mann beschäftigt, unter ihnen auch eine Arbeitsgruppe, die, vermutlich völlig ungewollt, ein subversives Papier verfasste. Das Oberkommando des Heeres hatte den Experten befohlen, die Kriegstauglichkeit von Pferden unter Rassengesichtspunkten zu untersuchen. Fazit der Studie: Nicht die Rasse, sondern die individuellen Eigenschaften des Tiers sind ausschlaggebend. Ein Ergebnis, das in krassem Widerspruch zur NS-Rassentheorie stand.

In der Schweizer Armee dienen derzeit noch 23 so genannte Trainkolonnen. Jede davon umfasst etwa 105 Pferde oder Maultiere und 130 Soldaten. Ab 2004 sollen nur noch vier aktive und zwei Reserve-Trainkolonnen erhalten bleiben. Doch ganz ohne Tragtiere können Gebirgseinheiten auch heute noch nicht auskommen. Maultiere, die trittsicheren Mischlinge aus Pferdestute und Eselhengst, können ohne weiteres hundert Kilogramm Gepäck plus vierzig Kilo Sattelzeug schleppen, sogar durch hohen Schnee auf schmalen Bergpfaden.

Terroristen schätzen diese genügsamen Wesen als verlässliche Trägersysteme. Die peruanische Guerillagruppe Sendero Luminoso verübte Anschläge mit Sprengstoff bepackten Mulis, deren tödliche Last per Fernzündung zur Explosion gebracht wurde. Im Februar dieses Jahres benutzten palästinensische Terroristen auf gleiche Weise einen Esel, um israelische Buspassagiere zu töten. Amerikanische Tierrechtler schrieben daraufhin einen höflichen Brief an Jassir Arafat, solche Grausamkeiten doch bitte zu unterlassen. Tiere als Bombenträger gab es bereits im Zweiten Weltkrieg. Die Methode war ebenso einfach wie wirkungsvoll. Man brachte einem Hund bei, unter Panzern Futter zu suchen. Dann schnallte man ihm Sprengstoff auf den Rücken und schickte ihn den feindlichen Tanks entgegen.

Doggen im Panzerhemd

Neben Pferden sind Hunde die häufigste in Kriegen eingesetzte Tierart und die mit den unterschiedlichsten Aufgaben: Es gibt Meldehunde, Minenhunde, Gasspürhunde, Wachhunde, Schlittenhunde, Sanitätshunde. Noch heute stehen im Dienst der Schweizer Armee 200 Wachhunde, 40 Katastrophenhunde und 30 Lawinenhunde. Bevor das Gewehr erfunden wurde, war es durchaus üblich, mit Kampfhunden in die Schlacht zu ziehen. Perser, Griechen und Römer züchteten grosse Doggen für den Krieg. Mittelalterliche Landsknechte trieben beisswütige Meuten in die Reihen der feindlichen Kavallerie. Manche Kriegshunde waren mit Panzerhemden geschützt und trugen Lederhalfter, an denen spitze Klingen angebracht waren. Hunde bewachten auch die Vernichtungslager der Nazis und den Todesstreifen an der DDR-Grenze. Doch bei allem Gehorsam blieb die soldatische Ehre der Hunde im Ernstfall immer mangelhaft. Für eine Wurst wechseln sie die Seite, und ihr Geschlechtstrieb kann auch durch militärischen Drill nicht unterdrückt werden. Jean Bungartz, der 1892 ein Standardwerk zur Kriegshundedressur veröffentlichte, empfahl, niemals Rüden einzusetzen, «da die Hunde gierig den Fährten ihrer weiblichen Gegner folgen werden und ihre ernste Aufgabe vergessen».

Als noch unberechenbarer erwiesen sich Fledermäuse, mit denen 1941 US-Militärwissenschaftler experimentierten. Sie sollten aus Flugzeugen abgeworfen werden und kleine Brandsätze in japanische Dörfer tragen, die damals noch grösstenteils aus Holz gebaut waren. Nachdem die Tierchen ein amerikanisches Militärflugzeug in Brand gesetzt hatten, gab man das Vorhaben auf. Sechzig Jahre später und auf einem anderen Kontinent kam es zum friedlichen Militäreinsatz für die Fledermäuse. In einer gemeinsamen Naturschutzaktion rückten polnische und deutsche Soldaten aus, um ausgediente Bunker zu Fledermausquartieren umzurüsten: Relikte des ehemaligen «Ostwalls», der Sowjetarmee und der Nationalen Volksarmee. Wo sich einstmals totalitäre Mächte verschanzten, kuscheln sich jetzt fiepende Mottenjäger kopfunter aneinander.