Sind Sie als Künstler oder Sammler an der Art Basel?» (Wir trafen uns im Restaurant in der Halle, wo die Design messe Miami/Basel stattfand.) «Ich bin heute als Künstler gekommen, weil ich in meiner Galerie ausstelle [Gabrielle Ammann Gallery], aber irgendwo komme ich natürlich auch mit dem Sammlerherz.» (Er spricht ein Schriftdeutsch, in dem Schweizer Mundart vorkommt.) «Welche Künstler interessieren Sie am meisten?» – «Ich würde eine Runde an der Design Miami/Basel machen, da fallen mir neue Designstücke ins Auge. Und dann interessiere ich mich stark für den Anfang der Moderne; Rietveld, Prouvé – Sachen halt, die Schlüsselstücke sind der Design­geschichte, ich habe eine Rietveld-Sammlung aufgebaut. Und an der Art würde ich zu meinen speziellen Galerien gehen, zu Sprüth Magers, zu Michael Werner; zu dem Galeristen, der die ganzen Leipziger Künstler hat . . . Lybke, Eigen + Art, den finde ich ganz toll.» – «Und was ist Ihr interessantestes Werk im Augenblick?» – «In der Schweiz habe ich ein Projekt, das heisst ‹Camera in motion›; da haben wir eine Kamera auf der RhB [Rhätische Bahn], von Chur nach Tirano über St. Moritz, und fotografieren seitlich aus dem Fenster, da kommt was ganz Interessantes raus, ein bisschen wie das Werk von Richter – Fotorealismus, Verschwommenes, totale Abstraktion und sogar die Kombination davon.» (Ein Schulterblick wird an der Veranstaltung St. Moritz Art Masters im August zu sehen sein.)

Rolf Sachs, 57, ist der Sohn von Gunter Sachs. Dieser Satz, der eigentlich bloss der erste Teil eines Satzes ist, beschreibt so etwas wie Glanz und Elend seiner Biografie. Der Satz geht im Grunde so weiter: Er lebt und arbeitet in London und St. Moritz als Designer von Möbeln und Objekten sowie als Bühnenbildner und Kunstsammler. Ausserdem ist er, etwa, Präsident des Dracula Clubs, eines privaten gesellschaftlichen Vereins in St. Moritz. Doch die längste Zeit interessierten sich bloss wenige Leute für Angaben zu Rolf Sachs, die nach: «Ist der Sohn von Gunter Sachs» folgten.

«System Sachs»

«Sie sind in einer privilegierten Lage wirtschaftlich gesehen, macht das das Kunstmachen einfacher oder schwerer?» – «Also, es ist ganz klar, ich habe einen Vorteil. Und wie so oft im Leben, kommen daraus auch Nachteile. Der Vorteil: Man kann ab und zu Sachen machen, für die ich nicht unbedingt einen Sponsor brauche. Oft ist es aber ein Nachteil, wenn man akzeptiert und respektiert werden will in der Kunstwelt; die Leute sagen: ‹Weshalb muss der jetzt das machen?› Aber ich glaube, langsam habe ich das jetzt überwunden.» – «Not und Verzweiflung, sagen viele, bringen erst grosse Werke hervor.» – «Das glaube ich nicht. Es kann ein Katalysator sein, keine Frage, vor allem in der Lyrik, denke ich. Doch ich bin eine neugierige Person und ständig interessiert, neue Gedanken zu spinnen. Was ist Kunst, was will man damit? Den Leuten die Seele erweitern, sie toleranter und damit freier machen. Auf diesem Weg sind wir ein Riesenstück vorangekommen im 20. Jahrhundert.»

«Sie waren die längste Zeit, für die Öffentlichkeit, der Sohn Ihres Vaters. Jetzt sind Sie das Oberhaupt der Familie. Hat sich etwas ­geändert für Sie?» (Sein Vater starb vor zwei Jahren; seine beiden Brüder, die eine andere Mutter haben, sind jünger.) «An und für sich hat sich für mich nicht so viel geändert. Ich habe, glaube ich, schon sehr früh meine Persona gefunden. Dass ich von der Aussenwelt und in der Öffentlichkeit sicher irgendwo als Sohn des Vaters erkannt wurde, ist völlig klar, er war natürlich omnipräsent und sehr berühmt. Man sagt ja, erst wenn der Fall eintritt [Tod eines ­Elternteils], wird man richtig erwachsen . . .

Zuerst hoffe ich, dass ich dadurch nicht ganz so erwachsen worden bin; die Jugend zu halten, ist wichtig. Dahrendorf sagte, mit neunzig: ‹Everybody’s born with an age, mine is 32.›»

«In den Enthüllungen eines Journalistennetzwerks wurde vor kurzem der Name Ihres Vaters mit Steuerhinterziehung in Zusammenhang gebracht und die Süddeutsche Zeitung zum Beispiel schrieb dann vom ‹System Sachs› – schadet das Ihnen?» – «Ich glaube, als Künstler schadet es mir nicht. Unsere Familie wurde dort angeschwärzt, unrechtmässig, und wir haben überhaupt nichts zu verstecken. Aber es ist so, auch wenn es ungerechtfertigt ist, wenn so etwas passiert, bleibt immer etwas hängen.» – «Hat der Sozialneid in der Schweiz auch zugenommen?» – «In Deutschland ist das schon lange so, dafür sind die Deutschen bekannt. In der Schweiz ist es jetzt ein bisschen mehr so.»

Sein Lieblingsrestaurant: «Isebähnli», Froschaugasse 26, Zürich, Telefon 043 243 77 87.