Dank unserem Föderalismus gibt es Bundespolitiker, Kantonspolitiker und Gemeindepolitiker. Wir kennen wegen der teilweisen Aussperrung der grössten Partei in Bundesbern Regierungspolitiker und Oppositionspolitiker. Die zunehmende Spezialisierung beschert uns Aussenpolitiker, Sicherheitspolitiker, Bildungspolitiker oder Verkehrspolitiker. Im Bundesparlament gibt’s immer mehr Berufspolitiker, dafür immer weniger Milizpolitiker. Doch das alles ist nicht das Entscheidende.

Der wichtigste Unterschied zwischen den Politikern ist ein anderer: Er besteht zwischen Überzeugungspolitikern und Karrierepolitikern. Überzeugungspolitiker leben für die ­Politik. Karrierepolitiker leben von der Politik. Überzeugungspolitiker kämpfen für das Wohl ihrer Wählerinnen und Wähler. Karrierepolitiker sorgen für das Wohl von sich selber. Überzeugungspolitiker geben alles, was sie können. Karrierepolitiker nehmen alles, was sie können.

Einen Überzeugungspolitiker treibt die Unzufriedenheit. Er hat den unbändigen Drang, die öffentlichen Zustände zum Besseren zu verändern. Das gibt ihm die unangenehme Rolle des kritischen Störenfrieds, ja des ewigen Nörglers und Stänkerers. Einen Karrierepolitiker treibt der Wunsch, persönlich voranzukommen, in Ämter gewählt zu werden und Mandate zu ergattern. Das gibt ihm die angenehme Rolle des Konziliant-Lösungsorientierten, des medial beliebten Konsensfinders.

Unser System benötigt ungeachtet der Partei­zugehörigkeit sowohl Überzeugungspolitiker wie Karrierepolitiker. Erstere erfüllen die ­Anliegen der Wähler und sorgen für die Profilierung der Probleme. Letztere finden die ­notwendige Mehrheit für die Wahl in die Behörden. Ganz so problemlos ist diese Arbeitsteilung allerdings nicht. Wer als Karrierepolitiker in einem Amt ankommt, ist bereits so angepasst, kompromissbereit und geländegängig, dass er sich nicht mehr eignet zu hartnäckigem Widerstand und zum Neinsagen.

Wer ständig eigene Interessen verfolgt, verliert die Fähigkeit, das allgemeine Interesse zu verfolgen. Die Schweiz erlebt dies jetzt schmerzhaft bei Steuerstreit, EU-Druck und Massenzuwanderung. Eines aber haben die Überzeugungs- und Karrierepolitiker immerhin gemeinsam: Beide müssen einstecken können. Die Überzeugungspolitiker Prügel. Die Karrierepolitiker Honorare.

Der Autor ist Historiker und SVP-Nationalrat.