Diesen Abschiedsbrief richtete der Bundestagsabgeordnete Albert Weiler am 30. Januar 2024 an CDU-Chef Friedrich Merz. Wir dokumentieren ihn im Wortlaut.

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender

Dieser Schritt fällt mir, wie sie sich wohl denken können, nicht leicht. Er ist hausgemacht, jedoch leider notwendig.

Ich bin vor über zwanzig Jahren in die CDU eingetreten, weil ich eine Partei vorfand, die Arbeit und Leistung schätzte und die ganz klar christlich-konservative Werte vertreten hat. Ich freute mich, aktiv mitmachen zu dürfen. Unter dem Aspekt, Arbeit lohnt sich, und wer arbeitet, muss gefördert werden. Wer nicht arbeiten will, jedoch arbeiten könnte, der sollte vom Sozialstaat auch nicht über Mass gefördert werden.

Leider ist die CDU in den letzten Jahren immer weiter nach links gerutscht, um Rot- und Grün-Wähler abspenstig zu machen. Aus meiner Sicht ein grosser Fehler, da man die konservative christliche Flanke einfach hat liegen lassen. Der konservative Berliner Kreis innerhalb der Union hat immer wieder erfolglos davor gewarnt und sich für die Grundwerte der CDU eingesetzt.

Es gründete sich folgerichtig innerhalb der CDU die Werteunion, ein Sammelbecken für christlich-konservative Unions-Mitglieder. Der Versuch, eine akzeptierte, ordentliche Untergruppe der CDU zu werden, wie es zum Beispiel auch die Seniorenunion ist, wurde unter Angela Merkel als Vorsitzender der CDU stets abgelehnt. Die Werteunion hat innerhalb der CDU mit dafür gesorgt, dass Friedrich Merz Vorsitzender der CDU werden konnte. Die vernachlässigte christlich-konservative Seite sollte so wieder etwas gestärkt werden. Aber genau das passierte nicht.

Gruppierungen wie die Frauenunion, Mittelstandsunion, Seniorenunion und auch die Schwulen- und Lesbenunion konnten sich etablieren. Jedoch die Werteunion wurde und wird weiter abgelehnt. Diese Vernachlässigung der christlich-konservativen Seite führt jetzt dazu, dass die Werteunion sich aus der CDU abspalten muss. Und es geschieht kein Versuch, sie zu halten, im Gegenteil, die christlich-konservativen Mitglieder werden sozusagen herauskatapultiert.

Die Angst vor dem immer stärker werdenden linken Flügel der CDU lässt Friedrich Merz leider schwach werden. Wohlwissend, dass gerade dieser linke Flügel (Günther, Prien und Co.) mit immer mehr Nachdruck versucht, ihn als Vorsitzenden zu verdrängen. Treue Vasallen müssen gehen, und die anderen dürfen bleiben. Dass das mir als einfachem Arbeiterkind, das in einfachen, bäuerlichen Strukturen aufgewachsen ist und immer nach dem Grundsatz gelebt hat, wenn du etwas haben möchtest, musst du auch etwas tun dafür, nicht gefällt, ist, so glaube ich, sehr verständlich.

Der Tenor ist leider mittlerweile in der CDU so, dass man lieber mit den Grünen eine sozialistische Hochzeit eingeht, als mit den Konservativen auch nur einmal zu reden. Lediglich Hessen hat die Reissleine gezogen. Einer vielleicht neu entstehenden Partei namens Werteunion, die die CDU-Werte, die wir noch vor zwanzig Jahren hatten, inhaltlich vertritt, wird gleich eine Absage erteilt, bevor sie geboren ist.

In Thüringen reden Spitzenpolitiker der CDU von eventuellen Koalitionen mit der Linkspartei. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Herr Günther, hat es mehrmals der CDU in Thüringen intensiv empfohlen, in eine Koalition mit der Linkspartei einzusteigen. Aber alles, was Mitte in Richtung konservativ ist, wird kategorisch abgelehnt.

Ich musste das leider viele Jahre im Bundestag hautnah erleben, und die Kollegen, die eine andere Meinung hatten als das CDU-Präsidium, wurden, wie man so schön sagt, auf Eis gelegt.

In meinem Umfeld, das sowohl in Ostdeutschland als auch in Westdeutschland sehr gross ist, wünscht man sich wieder eine Partei, wie sie unter der Führung von Helmut Kohl war. Berechenbar, bodenständig und glaubwürdig. Ich vermisse diese Helmut-Kohl-Partei auch, denn die CDU, wie ich sie kannte, als ich dort eintrat, gibt es leider nicht mehr. Wir rutschen immer weiter in Richtung links. In eine Richtung, wo ehrliche Arbeit und Leistung weniger gefördert werden als unredliches Nichtstun.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich habe immer gerne für meine Wählerinnen und Wähler gearbeitet und mich eingesetzt. Das mache ich auf kommunaler Ebene immer noch und habe Freude daran. Aber eine Politik, die nur immer wieder von Brandmauern und keiner Gesprächsbereitschaft gegenüber dem konservativen Lager redet, möchte ich für mich nicht weiter unterstützen.

Selbst Jesus Christus sprach mit den Zöllnern und brachte manchen wieder auf den rechten Weg. Dass wir miteinander reden können, unterscheidet uns von den Primaten. So lasst es uns denn auch tun. Wir reden ja auch mit Parteien, deren Mitglieder fremde Häuser besetzten und sich widerrechtlich auf Autobahnen kleben.

Der Schritt fällt mir schwer, aber ich kündige hiermit die Mitgliedschaft in der CDU.

Mit freundlichen Grüssen
Dr. h. c. (NUACA) Albert H. Weiler
Nat. Univ. für Architektur und Bau Armenien