Der Euro hat mit 93 Rappen einen neuen historischen Tiefstand zum Franken erreicht. Mit dem weiteren Verlust von 5,6 Prozent im Jahre 2023 summiert sich die Abwertung des Euros seit dem Start am 1. Januar 1999 auf 42 Prozent. Das sind 2,1 Prozent pro Jahr. Aber auch der US-Dollar mit einem Jahresverlust von 12,1 Prozent, der Yen mit 12,8 Prozent und das Pfund mit 6,4 Prozent verzeichneten einen Absturz.

Da die Erfolgsrechnungen der Unternehmen mit den Durchschnittskursen umgerechnet werden, wirken sich die jüngsten starken Einbussen erst bruchteilig aus. Die Auslandaktiven müssen hingegen zum tiefen Jahresschlusskurs bewertet werden. Sollten die Fremdwährungen auf den erreichten Tiefständen verharren, werden 2024 erneut beträchtliche Währungsverluste anfallen, dann aber auch in der Erfolgsrechnung.

Die Gründe für die Euro-Schwäche liegen einerseits bei der Politik, andererseits bei den miesen Wirtschaftsaussichten, denn angesichts der unsicheren Energieversorgung, der ungebremsten Ausgaben- und Gesetzesflut und der drohenden Steuererhöhungen ist eine Erholung der europäischen Konjunktur im nächsten Jahr keineswegs gesichert. Der Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie können hingegen kaum als Ausrede dienen, denn davon wird und wurde auch die Schweiz betroffen.

Im Dezember wurde vom EU-Parlament ein Inventar mit 160 noch hängigen Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben präsentiert, das die EU-Abgeordneten noch vor den EU-Parlamentswahlen im Juni abarbeiten möchten. Die Unternehmen sind vielerorts nicht mehr bereit, unter diesen ungünstigen Rahmenbedingungen zu investieren, was eine Voraussetzung für weiter Produktivitätszuwächse und Wohlstandsgewinne wäre.

Die Politik hält sich seit Jahren nicht an die Stabilitätsverträge, und die EU hat mit ihren Anleihensemissionen auf eigene Rechnung eine erste Vergemeinschaftung der Schulden durchgesetzt. Mit fadenscheinigen Begründungen wurden die Fiskalregeln unlängst sogar temporär ausser Kraft gesetzt. Deshalb haben die EU-Finanzminister vor wenigen Tagen eine vierte Revision des EU-Stabilitäts- und Wachstumspaktes beschlossen, die der Werterhaltung des Euros dienen soll. Aber die Realität sieht anders aus: Frankreich hat Deutschland erneut über den Tisch gezogen und die neuen Stabilitätsregeln derart vernebelt, dass sie noch unglaubwürdiger geworden sind.

An den bisherigen Maastrichter Grenzwerten soll festgehalten werden, aber zum Rückbau der Schulden auf 60 Prozent des BIP und zur Eindämmung der jährlichen Budgetdefizite auf 3 Prozent wurden nun neuerdings Fristen von vier und sieben Jahren angesetzt. Investitionen gemäss den EU-Prioritäten zum Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft und für die Verteidigung sollen allerdings weiterhin erleichtert auf Pump erfolgen können. Die hochverschuldeten Länder sollen plausible Pläne vorlegen, wie sie ihre Schuldenquote zu reduzieren gedenken.

Wie sollen Länder glaubwürdige Mehrjahrespläne vorlegen, wenn sie die künftige Entwicklung der Wirtschaft, der Wechselkurse, der Inflation und der Zinspolitik der EZB nicht kennen?

Nicht die Schulden, sondern lediglich die Verschuldungsquoten müssen je nach Verschuldungsgrad jährlich um 0,5 bis 1 Prozent des BIP reduziert werden. Das könnte auch ein Wiederaufflackern der Inflation besorgen. Gleichzeitig wurden aber viele Ausnahmen mit wohl bewusst unklaren Definitionen beschlossen. Auch wenn die neuen Stabilitätsregeln noch vom Rat der Staats- und Regierungschefs und vom EU-Parlament abgesegnet werden müssen, kann man davon ausgehen, dass sie in dieser aufgeweichten Form durchgewinkt werden. Damit ist auch diese Reform eher ein weiterer Sargnagel denn ein Schritt zur Stärkung des Euros.

Mit der Eintrübung der EU-Wirtschaft und dem sich abzeichnenden geldpolitischen Kurswechsel des US Fed sind auch die Zinsen in Europa wieder deutlich zurückgekommen. Die Zinsdifferenz zwischen den zehnjährigen Eidgenossen und den Staatsanleihen Deutschlands und der USA ist in den letzten Monaten um über 40 Basispunkte gesunken, und die SNB hat bisher keine Signale ausgesandt, dass sie den Leitzins von 1,75 Prozent bald deutlich senken wird. Beides stärkt den Franken.

Zum Jahresende hin stehen die Devisenmärkte meistens unter erhöhtem Druck. Es werden noch angesparte Auslandguthaben repatriiert, und die Absenz wichtiger Marktteilnehmer führt oft zu geringeren Handelsvolumina und Kursverzerrungen, die dann im Januar wieder korrigiert werden. Ob dies auch diesmal der Fall sein wird, ist angesichts der anhaltenden Probleme aber eher fraglich.