Die sonst so kritischen Medien und Politiker reagieren mit grossem Wohlwollen auf die dünne Rücktritts-Begründung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Der Hinweis auf den Gesundheitszustand ihres 78-jährigen Mannes, mit welchem sie die Wohnung im Alltag längst nicht mehr geteilt hat, scheint eher seltsam. Zumal es ihm wieder deutlich besser geht. Und zumal er auch drei Kinder aus erster Ehe hat, die sich zweifellos auch um ihn kümmern.

Offensichtlich ist, dass sich das Amtsverständnis eines Bundesrats in den letzten Jahrzehnten stark geändert hat. Bundesrat Hans Hürlimann (CVP) musste den entsetzlichen Krebstod eines Sohnes erleben. Er harrte im Amt aus. Bundesrat Leon Schlumpf (SVP) musste den entsetzlichen Unfalltod einer Tochter erleben. Er harrte ebenfalls im Amt aus.

Durch den wenig plausiblen Abgang der Energieministerin mitten in einer drohenden Strommangel-Lage bleibt der SP wenig Zeit, die Nachfolge aufzugleisen. Ziemlich diktatorisch befielt die Parteileitung eine rein weibliche Doppelkandidatur. Und die SP-Männer lassen sich diesen sexistischen Akt offenbar widerstandslos gefallen.

Bereits ist die Rede von Tamara Funiciello und Samira Marti. Sollte die SP tatsächlich ein Ticket mit solchem Linksdrall erwägen, müsste auch die SVP über die Bücher. Denn dann wäre ein eingemitteter, wohlgelittener Konsenspolitiker fehl am Platz. Weil der SP-Sitz nach jenem der SVP besetzt wird, könnte die SP nach der Wahl eines gemässigten Volksparteilers Gegenrecht verlangen und von der SVP einfordern, jemanden auf ihrem Linksaussen-Ticket abzunicken.

Darum täte die SVP-Fraktion gut daran, der SP bei der Nominierung den Vortritt zu lassen. Im Fall, dass bei der SP tatsächlich ein Klassenkämpfer-Duo mit marxistischen Schlagseiten auf den Schild gehoben würde, wären Thomas Aeschi, Roger Köppel, Thomas Matter und auch Hans-Ueli Vogt die richtigen Gegenspieler.

Die 3 Top-Kommentare zu "Der Rücktritt von SP-Bundesrätin Sommaruga kam überraschend. Er zwingt die SVP zu einer Strategie-Änderung"
  • thisa73

    Das ist alles schön und gut Herr Mörgeli, aber spielt es überhaupt eine Rolle wer wo sitzt?! Solange wir als Volk nicht wirklich die Macht haben und auf unterster Stufe souverän und eigenständig leben dürfen, können die in Bern machen was sie wollen. Wir haben zwar die Wahlzettel brav ausgefüllt, aber bestimmt wer da wo sitzt haben wir wohl noch nie! Mein Vertrauen in die Schweizer Politik und Institution ist auf einem Minimum und wird sich nicht ändern, solang nicht ALLES auf Null gesetzt wurde

  • gonzo der grosse

    Da der zweite Sitz der SP von der Parteistärke her eigentlich gefährdet ist, hoffe ich, dass es nicht ein weiteres "Päckli" zwischen Linken und Grünen analog zur Wahl Widmer-Schlumpf geben wird und auf einmal die SVP durchfällt. In der schwankenden Mitte gäbe es sicher den einen oder anderen Döödel, der sich zu diesem Päckli umstimmen liesse und so das absolute Mehr für einen Grünen Bundesrat zustande kommen könnte. SVP aufgepasst, lasst euch nicht wieder ein Bein stellen.

  • Melanie

    Bravo, Christoph Mörgeli, für diesen Klartext (ich meine den ersten Teil des Textes)! Das ist genau das, was man sich denken muss, wenn man ehrlich ist. Was den zweiten Teil des Textes betrifft: ich würde gerne Thomas Aeschi + Hans-Ueli Vogt auf dem SVP-Ticket sehen! Roger Köppel hat Besseres zu tun - ihn brauchen wir hier als unkäuflichen Vollblut-Journalisten, und nicht als Schachfigur im Bundesrat (man würde ihn dort zweifellos innert Kürze - genau wie Blocher - wieder aus dem Spiel kicken).