Der Deutsche entfaltet
in der Stunde der Not höchste Tugenden.
Die Frage bleibt, ob er im gleichen Masse
den Stunden des Glücks gewachsen ist.
Ludwig Erhard
Deutschland versinkt im Elend der schlechten Laune. Wie eine Bleiplatte legt sich über die Bundesrepublik der Pessimismus. Die Regierung hadert, wirkt überfordert. Die Medien taumeln von einer Hysterie zur nächsten, Gefangene des Augenblicks. Die Politik scheint unfähig, die Deutschen, die Wähler, das Publi-kum auf eine erfreuliche Art zu inspirieren. Von Zuversicht fehlt jede Spur. Kein Beckenbauer in Sicht, weit und breit.
Das Senkblei zieht alle irgendwie nach unten. In der Regierung verbreitet sich trotzige Verzweiflung. Sie ist den Beteiligten an den Gesichtern abzulesen, Grüne und SPD im Sturzflug wirbelnd. Die CDU unter ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz gibt nach Kräften Gegensteuer und auch wieder nicht. Noch löst der Merkel-Nachfolger keine Begeisterungswellen aus. Sagt er, was er denkt? Weiss er, was er will?
Die AfD schwingt in den Umfragen obenaus. Die Opposition spielt in der Champions League der Polemik, doch mit dem Presslufthammer allein wird sich das deutsche Selbstvertrauen kaum restaurieren lassen. Nach den Exzessen ihrer Geschichte streben die Deutschen in die politische Mitte. Verständlich. Vielen Wählern ist die AfD deshalb unheimlich, zu raunend, zu radikal, zu absolut. Da ist noch viel Vertrauensbildung nötig.
Der deutsche Politbetrieb beisst sich im Kleinen fest, in der Hysterie des Alltags, verschanzt sich hinter Brandmauern und Feindbildern. Es gibt keine Politiker, die über der Atemlosigkeit, über der Sache zu stehen scheinen, das grosse Bild im Blick, auf dem Boden guter Traditionen und eines gefestigten Geschichtsbewusstseins. Intellektuelle und Besserwisser hat es genug. Es fehlen Gescheite, die voll im Leben stehen.
Im grossen Getöse geht das Wesentliche vergessen: Die Bundesrepublik ist eine unglaubliche, grossartige Erfolgsgeschichte. Bis heute. Natürlich drücken die Probleme, brechen die Wunden früherer Irrtümer eitrig auf. Doch es wirkt heillos übertrieben, wenn Medien und Parteien jetzt einvernehmlich den Untergang besingen, welchen auch immer. Die Bundesrepublik wurde, mehrmals, mit weit grösseren Problemen fertig.
Hier rächt sich der Mangel an Abstand, die Geschichtsvergessenheit unserer Zeit, auch eine Folge des Religionsverlusts im Christentum. Umso mehr ist daran zu erinnern: Die Bundesrepublik ist die grösste Erfolgsgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, ein Lehrstück der Wiederauferstehung, der Selbstüberwindung auf den Trümmern einer Kata-strophe, aus der die Deutschen ein Wunder, eine Goldgrube machten.
Politisch, wirtschaftlich, moralisch. Adenauer, Erhard, Strauss und Co., Helden des Neuanfangs, legten das Fundament nach dem Krieg, Wirtschaftswunder, soziale Marktwirtschaft, Westbindung, Aussöhnung mit Frankreich und dem Judentum. Unter den SPD-Kanzlern Brandt und Schmidt folgte die Modernisierung, der Brückenbau nach Osten, der den Untergang des Kalten Kriegs einleitete.
Die Deutschen meisterten Aufschwünge und Rückschläge, den Ölschock und die Wirtschaftskrise. Sie finanzierten die EU, deckten die Schulden der anderen und schulterten zudem die extrem teure Wiedervereinigung mit der bankrotten DDR. Die freundliche Übernahme war, ist – allen Unkenrufen zum Trotz – ein riesiger Erfolg. Natürlich hat sie Deutschland verändert, zum Guten, wenn man ehrlich urteilt.
Warum erzählt das keiner? Braucht es den Blick von aussen, um das Offensichtliche nicht zu übersehen? Vor zwanzig Jahren rutschte die Republik in die Rezession, «der kranke Mann Europas». Es war die grosse Stunde von Gerhard Schröder. Der SPD-Kanzler lief zu staatsmännischem Format auf, rettete den Wohlstand durch seine Reformen und stellte sein Land über Partei und Amt, eine bedeutende Persönlichkeit.
Die heute vielgeschmähte Kanzlerin Angela Merkel wirkte anfangs bezwingend mit ihrem Pragmatismus, so herrlich uneitel nach den sesselfüllenden Alphatieren davor. Doch die Physikerin aus dem Osten wurde das Opfer des deutschen Erfolgs. Übermütig dank Schröders Wirtschaftsboom, wollte sie alle Probleme und Krisen in einem Ozean von Euros versenken. Jetzt verebben die Fluten. Die Probleme tauchen wieder auf.
Es ist leicht und bequem, im Rückblick über Merkel den Stab zu brechen. Allzu wohlfeil schrillt heute die Kritik an ihr. Hätte sie denn, als Deutsche, Schäferhunde und Grenadiere an die EU-Aussengrenzen schicken sollen, um 2015 die Migranten zu stoppen? Ja, sie liess zu viele rein und zu viele falsche, aber dank Merkels heilsamen Irrtümern reden die Deutschen heute viel unverkrampfter über Probleme der Migration.
Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Folge von guten Tagen. Deutschland wacht auf wie nach einer zu langen, zu alkoholfeuchten Dauerparty. Ernüchterung tut weh. Aber sie tut gut. Zur Verzweiflung besteht kein Grund. Deutschlands Demokratie ist stärker und vielfältiger denn je. Das Kartell der Etablierten bekommt Konkurrenz, von allen Seiten. Im Bundestag finden wieder richtige Debatten statt. Gut so. Das ist Demokratie.
Manchmal verwechseln die Deutschen Demokratie mit Konsens. Aber Demokratie ist das Gegenteil: ewiges Ringen und Streiten um Kompromisse und Lösungen. Statt den Gegner zu dämonisieren, sollte man ihn widerlegen oder einbinden. Das scheinen einige erst wieder lernen zu müssen. Deutschland hat allen Grund, auf sich selber stolz zu sein. Wann merken es die Deutschen?
Der ganze Osten ist aus wirtschaftlichen Gründen zusammengekracht, nicht wegen verlorenem Selbstvertrauen. R.Köppels Optimismus in Ehren, aber die Wirtschaft wird auch in Deutschland ausschlaggebend sein.
Erfolgreich war wer erfolgreich gestorben ist, also wäre ich mir da nicht so sicher. Sollte Dies das Ende der alten BRD sein aus welcher etwas Neues entsteht, wäre die BRD eben KEINE Erfolgsgeschichte. Zwischenerfolge kann/hat Jeder !!!!! Aus Asche geboren und in Asche versunken wäre definitiv kein Erfolg und sollten wieder 1-2 Generation leiden müssen bis zur nächsten Erfolgswelle dann ist das auch kein Erfolg.
Was soll diese Lobhudelei für das was einmal war. Deutschland ist heute ein Fail Staat, auch wenn es Herr Köppel nicht wahr haben will.