Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Waffenstillstand in der Ukraine? Auf die Frage mag es viele Antworten geben. Aus humanitärer Sicht kann die Antwort nur lauten: Für einen sofortigen Waffenstillstand gibt es keinen «falschen» Zeitpunkt. Wenn die Waffen schweigen, sterben keine Soldaten.

Doch am Montagabend argumentierte der Journalist Claus Strunz in der Sendung «Maischberger» in eine andere Richtung. Dabei kam etwas, nun ja, Bemerkenswertes raus: «Wer jetzt fordert: Jetzt sofort Waffenstillstand!, der fordert, dass am schwächsten Moment der Ukraine, am Tiefpunkt …» Die Aussagen sind in Richtung Sahra Wagenknecht gerichtet.

Wagenknecht fordert einen Waffenstillstand. Allerdings: Wagenknecht fordert einen Waffenstillstand nicht erst jetzt, wo die drohende militärische Niederlage der Ukraine immer deutlicher wird. Sie und viele weitere Kriegskritiker fordern Verhandlungen und ein Ende der Kämpfe seit langem.

Das Interessante an Strunz’ Aussage ist: Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine wurde der Weg der Fraktion «Waffen, Waffen, noch mehr Waffen!» beschritten. Seit über zwei Jahren liefern Nato-Staaten Kriegsgerät an die Ukraine. Ergebnis: Hunderttausende tote, verletzte, traumatisierte ukrainische und russische Soldaten. Und obendrauf, laut Strunz, eine Ukraine, die am «Tiefpunkt», am «schwächsten Moment» ist. Dem ist tatsächlich so.

Was wäre aber gewesen, wenn die westlichen Staaten ihre Diplomatiekunst bemüht, und vor 6, 12, 18, 24 Monaten auf einen sofortigen Waffenstillstand hingearbeitet hätten? Logisch betrachtet wäre die Ukraine nicht an ihrem «schwächsten Moment» und an ihrem «Tiefpunkt» dann in Verhandlungen gegangen.

Im weiteren Verlauf der Sendung merkte Wagenknecht zu den Aussagen Strunz’ an: «Je länger dieser Krieg dauert, umso schlechter wird die Situation.» Der Aussage lässt sich anfügen: Was zu beobachten ist.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.