Im Telegrammstil würde man schreiben: Telegram-Gründer Durow in Paris verhaftet. Stopp. Unklare Haftgründe. Stopp.

Für die staatstreuen Medien ist aber bereits klar: Telegram ist ein Kanal des Grauens; er werde von Rechtsextremen, Verschwörungstheoretikern und Kriminellen benützt, heisst es.

Ebenso gut könnten sie schreiben: Er werde von Oppositionellen, Demokraten, freien Menschen benützt.

Telegram per se in eine kriminelle Ecke zu schieben, ist auch deshalb voreilig und unfair, weil Durow bisher stets kooperiert hat, wenn die Behörden konkrete Hinweise dafür hatten, dass der Kanal missbraucht wird.

Gegenfrage: Hat noch nie ein Krimineller ein Telefon benützt? Muss man deshalb den Swisscom-Chef verhaften?

Die Debatte ist verlogen und heuchlerisch. Jedenfalls kommt der unschöne Verdacht auf, dass hier ein EU-Staat gegen ein soziales Medium vorgeht, das sich liberalen Grundwerten verschrieben hat und für freie Meinungsäusserung steht.

Dieser Verdacht ist umso dringender, als die EU erst vor kurzem wiederholt androhte, auch gegen Elon Musk und sein X (vormals Twitter) vorzugehen. Auch dort ist die freie Rede – etwa in einem Interview mit Donald Trump – der EU-Obrigkeit ein Dorn im Auge.

Diese Angriffe der Staatsmacht auf die freie Kommunikation der Bürger stechen umso mehr ins Auge, als Musk nach der Übernahme von Twitter ja gerade aufgedeckt hat, wie staatliche Stellen, darunter die CIA, direkten Einfluss auf Twitter nahmen und dort schalten und walten konnten, wie sie wollten.

Auch andere US-Kanäle wie Whatsapp oder Facebook gelten als unsicher und haben sich – nicht zuletzt in der «Pandemie» – mehr als offen gezeigt für staatliche Einflussnahme, Zensur und Propaganda.

Sollte man deshalb Facebook-Gründer Zuckerberg verhaften, das amerikanische Pendant des liberalen Russen Durow?

Die Verhaftung des Telegram-Gründers passt auf alle Fälle in ein beunruhigendes Muster. Der «Wertewesten» ist drauf und dran, seine eigenen Werte zu verraten.

Willkommen in der schönen neuen Welt des 21. Jahrhunderts!