Wenn ein Einzelner unter der Allgemeinheit grossen Schaden anrichtet, darf man ihn dann aus dem Weg räumen? Über diese Frage diskutieren Philosophen und Ethiker seit Jahrhunderten unter dem Begriff des «Tyrannenmords».

Die entscheidende Frage dabei lautet: Wer definiert denn, wer ein Tyrann ist und ob er wirklich Schaden anrichtet? Ein bisher nicht bekanntes und von niemandem gewähltes Gutmensch-Gremium?

Der St. Galler Autor Christoph Keller hat seinen neuen Roman mit dem Titel «Blauer Sand» vorgestellt. Darin bringt ein Serienmörder reihenweise Umweltsünder um. Böse Kapitalisten, die aus der Zerstörung der Natur Profit schlagen, sind seine bevorzugten Opfer.

Fiktion darf alles und deshalb natürlich auch das. Nur zeigt die Berichterstattung über die Roman-Vernissage, dass der Autor sehr nahe an seinem Protagonisten ist.

«Der Welt geht es besser ohne diese Kerle», liess Christoph Keller laut dem St. Galler Tagblatt das Publikum der Lesung wissen – und meinte damit die Leute, die er von seinem literarischen Alter Ego ermorden liess.

Zwar sei er «gegen Gewalt», schob er nach, aber derzeit sei es so, dass der Einzelne «riesigen Schaden anrichten» könne. Also vielleicht doch nicht ganz gegen Gewalt, solange sie sich gegen die Leute richtet, die er nicht mag. Einen, der zur Erderwärmung beiträgt, kann man schliesslich mal elegant in die Luft sprengen.

Damit auch keinerlei Zweifel an seiner Gesinnung aufkommen können, trat der Schriftsteller mit einem Kamala-Harris-Käppi auf. Dieser Auftritt sei «ein Statement gegen üble Kerle», findet die Journalistin, die über die Lesung geschrieben hat. Also wohl gegen Donald Trump.

Ist es nicht wunderschön, wenn ein Autor seine Mordgelüste gegen Andersdenkende niederschreiben kann und dabei auf so viel Verständnis von den Medien stösst?