Man muss nicht allzu reif an Jahren sein, um sich daran zu erinnern, dass der Euro einmal fast 1.70 Franken gekostet hat. Bei seiner offiziellen Einführung als Bargeld anno 2002 war er 1.48 Franken wert.

Die Talfahrt der europäischen Gemeinschaftswährung begann dann mit der Staatsschuldenkrise in Südeuropa ab dem Jahr 2010.

Seine alten Wechselkurse erreichte der Euro zwar nie mehr. Aber er schwang sich immer einmal wieder zu relativer Stärke auf – manchmal unter Beihilfe der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die zwischen 2011 und 2015 eine offizielle Kursuntergrenze von 1.20 Franken einzog und diese auch durchsetzte.

Das letzte solche Zwischenhoch ist gar nicht lange her: Vor einem Jahr stand der Euro bei 1.08 Franken, im Februar bei immerhin 1.04 Franken.

Und jetzt? Ist bei 0.99 Franken der Tiefpunkt erreicht, und Investoren können Geld verdienen, indem sie auf ein Wiedererstarken des Euro setzen?

Für diese These spricht aus der Sicht Schweizer Anleger so gut wie nichts: Auf die weltweit anziehende Inflation reagiert die Europäische Zentralbank (EZB) nicht gemäss dem historischen Vorbild der nördlichen Länder, sondern eher in den traditionellen Bahnen Lateineuropas.

So hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde ein sehr gemächliches Tempo im Kampf gegen die Inflation angekündigt, obwohl diese wie in den USA auf 10 Prozent zuläuft. Wer höhere Zinsen sehen will, investiert derzeit in den Dollar, nicht in den Euro.

Anstatt die Inflation zu bekämpfen, scheint die EZB mehr daran interessiert zu sein, dafür zu sorgen, dass die stark verschuldeten Länder des Südens nicht deutlich höhere Zinsen auf ihre Staatspapiere zahlen müssen als die solider finanzierten Nordländer. Dafür sollen inmitten der Inflation sogar neue Programme für den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB aufgelegt werden.

Das spricht schon einmal gegen einen stärkeren Euro.

Und auch auf der anderen Seite der Gleichung – jener des Frankens – ist kein Booster für den Euro zu erwarten: Mit ihrem jüngsten Zins-Entscheid hat sich die SNB aus dem Fahrwasser der EZB befreit.

SNB-Präsident Thomas Jordan setzt verstärkt auf Inflations-Bekämpfung und betont nicht mehr bei jeder Gelegenheit, der Franken sei überbewertet und die Nationalbank werde an den Märkten intervenieren, um ihn zu schwächen.

Nimmt man beides zusammen, die schwächliche Inflationsreaktion der EZB und den neuen geldpolitischen Kurs der SNB, kann das Fazit nur lauten: Die Talsohle des Euros ist noch lange nicht erreicht.

Die 3 Top-Kommentare zu "Ein Euro kostet weniger als einen Franken. Das Verhältnis von 1:1 kippt. Ist jetzt der Moment gekommen, Euros zu kaufen?"
  • fmj

    Dass IT-Verherrlicher das Bargeld als überflüssig empfinden, kann man mit Mühe verrstehen. Doch Weiterdenken wäre vonnöten! Überall wird der Strommangel thematisiert und mit ihm Angst eingejagt. Und in dieser Lage, will man sich auf die Elektronik verlassen! Wer schon erlebt hat, dass im Einkaufszentrum der Strom ausging und damit die Kreditkarten wertlos wurden, wird kaum für den bargeldlosen Verkehr sein. Er ist auch ein Schritt zum durchsichtigen Bürger!

  • Benedikt

    Dem Kleinsparer schmilzt das Ersparte weg, wie der Schnee an der Sonne. Die Energiepreise gehen durch die Decke! Und wo sind die Verantwortlichen für diese Misere? Die erhöhen sich noch stinkfrech ihre Diäten! Diese Hohlköpfe von PolitikerInnen sollten interniert werden und nicht Menschen mit wachem Geist, die sich weigerten, z.B. der Impfaufforderung nachzukommen! Wie lange kann eine solche Politik noch gut gehen? Die Niederländer proben anscheinend bereits den Aufstand!

  • oazu

    Wer eigene Maastrichter EU-Verträge untereinander zur Begrenzung der staatlichen Neuverschuldung ohne irgendwelche Konsequenz in Summe schon über 150-mal nicht eingehalten hat wie die EU-Staatsregierungen, der wälzt die Konsequenzen einfach über die Entwertung der €-Währung auf die Bevölkerung ab, konkreter den Mittelstand, die in Sparsamkeit die Stütze des Staates bilden. Lange kann das nicht mehr gehen bis diese EU in Schall und Rauch samt EU-Brussels Moloch untergehen wird wie damalige DDR.