Kunst ist mehrdeutig. Kunst ist ambivalent. Im besten Fall verweigert sie sich jeder Einseitigkeit und jeder Besserwisserei.

Grosse Kunst entlässt den Zuschauer, den Zuhörer oder Leser mit Fragen, aber ohne Antwort. Alles andere ist geistlos. Oder Schulmeisterei. Im schlimmsten Fall Gesinnungskunst.

Das vornweg, um einzuordnen, was sich in den vergangenen Tagen bei der Berliner Berlinale zugetragen hat. Dort hatte man nämlich AfD-Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses in ihrer Funktion als Mandatsträger und Mitglieder diverser Ausschüsse zur Eröffnungsgala des Filmfestivals eingeladen. Als das publik wurde, war die Aufregung gross.

Am vergangenen Donnerstag nun ruderte man zurück. Begründung: Die Berlinale engagiert sich seit Jahrzehnten für demokratische Grundwerte und gegen jede Form von Rechtsextremismus. Deshalb habe man besagte AfD-Funktionsträger wieder ausgeladen – unter anderem die Landes- und Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker.

Wenn es eines Beweises bedurft hätte, wie sehr der aktuelle Kunstbetrieb und erst recht der deutsche Film in einem Sumpf aus geistiger Stumpfheit und intellektueller Unbeweglichkeit versunken ist, dann wäre diese Ausladung der letzte Beleg. Doch im Grunde bestätigt diese Posse nur, was man als aufmerksamer Beobachter schon immer ahnte. Die Zeiten, in denen Film und Kunst verwirrten, irritierten und manchen Spiesser sogar schockierten, sind vorbei.

Die Spiesser haben zurückgeschlagen. Nun sitzen sie in den Festivalleitungen. Und wie alle Spiesser wollen auch die modernen Kulturspiesser unter sich sein. Wer nicht in ihr selbstgerechtes Weltbild aus angeblich demokratischen Werten und vermeintlicher Buntheit passt, wird ausgeschlossen. Kein Wunder, dass die Kunst, die dieses Milieu produziert, ebenso belanglos und öde wie ihr Denken ist.