Die von den Wählern abgestrafte österreichische Regierung hat sich im Wahlkampf immer wieder als Erfolgsgeschichte angepriesen. Die Fakten zeigen jedoch ein anderes Bild, selbst wenn man die Corona-Zeit ausblendet. Seit fünf Quartalen liegt das reale BIP Österreichs erneut unter dem Niveau des Vorjahres, obwohl die Corona-Pandemie längst Geschichte ist. Innerhalb der EU haben im Vergleich zum Stand vor der Corona-Pandemie nur Deutschland, Finnland und Estland noch schlechter abgeschnitten als Österreich. Während acht EU-Länder im zweiten Quartal 2024 ein BIP vorlegten, das im Vergleich zum Jahresende 2019 um mehr als 10 Prozent höher lag, hat es Österreich nur auf 1 Prozent gebracht (EU: 4 Prozent, Schweiz 8 Prozent).

Ohne übermässige Staatsdefizite wäre die Konjunktur während der ÖVP/Grüne-Regentschaft wohl sogar rezessiv verlaufen, denn die Schuldenlast Österreichs hat gemäss Eurostat seit Ende 2019 bis Ende 2023 von 281 auf 371 Milliarden Euro (plus 33 Prozent) zugenommen. Die Verschuldungsquote ist trotz des inflationär aufgeblähten nominellen Bruttoinlandproduktes von 70,6 Prozent auf 77,8 Prozent angeschwollen. Die jährlichen Defizite betrugen im Mittel 4,3 Prozent des BIP. Die Sparer und Investoren, die die Republik mit dem Kauf von Staatsanleihen finanzierten, mussten auf zehnjährigen Staatsanleihen während fast neun Jahren negative Realrenditen hinnehmen. Sie verloren damit Kaufkraft am laufenden Band.

Österreich verzeichnete in den letzten fünf Jahren eine Inflation von 26 Prozent, womit die Teuerung über jener von Deutschland (22 Prozent) und der Euro-Zone (21 Prozent) und markant über jener der Schweiz von 5,8 Prozent lag. Die Preis-Lohn-Spirale deutet auf klassische Umverteilungskämpfe hin.

In Österreich wird in jüngster Zeit vor allem weniger investiert, die Wohnbauinvestitionen sanken 2023 zweistellig. Dies mag mit den abrupt angestiegenen Zinsen, der hohen Inflation und den steigenden Baukosten zu tun haben, aber auch das politische Umfeld mit einer extrem negativen Haltung zum privaten Wohnungsbau sind wesentlichen Gründe dafür. Nicht nur das gedrückte Investitionsklima, sondern auch die miese Konsumentenstimmung, vor allem aber die geschwundene Zuversicht der Detailhändler deuten gemäss der EU-Umfrage im September 2024 auf eine anhaltende Flaute hin.

Die September-2024-Einkaufsmanager-Indizes bestätigen diese Einschätzung. Der erneute Absturz noch tiefer in die Rezessionszone ist hauptsächlich auf den beschleunigten Rückgang des Bestellungseingangs zurückzuführen. Österreich gilt als wichtiger Zulieferant der europäischen Automobilindustrie. Deshalb mangelt es auch an Exportorders, speziell aus Deutschland. Die Unternehmen sind daran, ihre Kapazitäten anzupassen, was demnächst auch am Arbeitsmarkt sichtbar werden dürfte.

Österreich weist aber eine grosse Achillesferse auf, denn das Land bezieht 90 Prozent seines Gases immer noch aus Russland. Das Land will zwar bis 2027 aus dem russischen Gas aussteigen. Aber so problemlos ist ein solcher Ausstieg nicht. Nicht nur wegen der Verträge mit Gazprom, die noch bis 2040 laufen. Möglicherweise wird die letzte funktionierende offene Gaspipeline durch die Ukraine bereits im nächsten Jahr stillgelegt. Derzeit sind Österreichs Gasspeicher zwar zu 92 Prozent gefüllt und würden für 400 Tage ausreichen, aber auch 400 Tage sind eine knappe Zeit, um sichere Alternativen zu organisieren. Eine Gasknappheit wird zwar von den Behörden abgestritten, aber ob es bei einem Ausstieg aus dem Russengas zu Preiserhöhungen kommen wird, bleibt offen. Wer immer die neue Regierung in Österreich stellen wird, übernimmt ein problematisches Erbe und eine Wirtschaft, die vielerorts nicht mehr wettbewerbsfähig ist.