Vier Soldaten der russischen Luftlandetruppen, erkennbar an ihren blau-weiss gestreiften T-Shirts, liegen auf einer Strasse in ihrem Blut. Es ist viel Blut und frisches Blut, die Videoaufnahmen stammen offensichtlich vom Tatort. Einer der Getöteten hat die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden, der Mann kam also nicht im Gefecht um.

Bei den vier Soldaten handelt es sich wahrscheinlich um die Besatzung eines Luftlandepanzers BMD-2, der im Video nur wenige Schritte entfernt zum Stillstand gekommen ist. Die Sieger in diesem Hinterhalt, mutmassliche georgische Freiwillige mit den Emblemen der ukrainischen Streitkräfte, sind gerade dabei, den Motor des erbeuteten Schützenpanzers zu testen.

Allem Anschein nach stammt das Video, das unter anderem auf Telegram veröffentlicht worden ist, von Ende März, als sich die russischen Truppen nach ihrer Niederlage bei Kiew aus der Umgebung der Ortschaft Dmytriwka zurückzogen. Ihre Kolonne geriet in einen Hinterhalt, an dem die «Georgische Legion» zumindest beteiligt war. Diese Einheit kämpft seit 2014 für die Ukraine.

Einer der Russen auf dem Teer lebt offenbar noch. Man hat ihm seine Uniformjacke über den Kopf gezogen. Der Verwundete bewegt seinen Arm und atmet schwer. Einer der herumstehenden Kämpfer feuert zwei Schüsse aus seinem Sturmgewehr ab, und als sich der Mann immer noch regt, fällt ein dritter Schuss. Nun bewegt sich der Soldat nicht mehr.

Die New York Times hat das Video verifiziert. Tatsächlich bestätigen auch offizielle ukrainische Stellen, dass eine russische Kolonne in der Gegend Ende März in einem Hinterhalt vernichtet wurde. Dmytriwka liegt nur wenige Kilometer von der Kleinstadt Butscha entfernt, wo russische Soldaten mutmasslich 300 Zivilisten ermordet haben.

Die Erschiessung eines russischen Verwundeten – und wahrscheinlich auch die Tötung der anderen Soldaten – stellt ein klares Kriegsverbrechen dar, genauso wie die ebenfalls auf Video festgehaltenen Beinschüsse ukrainischer Kämpfer auf russische Kriegsgefangene in der Nähe der ostukrainischen Stadt Charkiw von Ende März.

Das Weisse Haus hat Kiew inzwischen aufgefordert, den Vorfall zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Schon im Fall der Beinschüsse haben die ukrainischen Behörden eine Untersuchung versprochen, bisher ist aber nicht klar, ob den Worten auch Taten gefolgt sind.

Manche Beobachter sind vor diesem Hintergrund nun geneigt, beide Seiten gleichermassen zu beschuldigen. Allerdings ist es ein Unterschied, ob Soldaten oder Zivilisten ermordet werden. Ausserdem liegen die bisher bekannt gewordenen Kriegsverbrechen der russischen Truppen in einer ganz anderen Grössenordnung. In ihrem Fall kann man wirklich von Massenmord sprechen.

Das sollte für die ukrainische Seite aber kein Grund sein, die eigenen Missetaten unter den Teppich zu kehren.

Die 3 Top-Kommentare zu "Erschiessung russischer Kriegsgefangener: Auch die ukrainische Seite begeht Kriegsverbrechen, wie Videoaufnahmen zu belegen scheinen. Dennoch ist die Tötung russischer Gefangener nicht mit dem mutmasslichen Massaker von Butscha zu vergleichen"
  • Der Neutrale

    Mord ist Mord, ob an Soldaten oder Zivilisten. Überdies: Weshalb soll die Variante, wonach die in Butscha getöteten zivilen Ukrainer von eigenen Leuten (vielleicht ausländischen, die unter ukrainischer Flagge kämpfen) ermordet worden sind - weil sie offenbar mit Russen kollaborierten - keine sein? Selenskyj & Co. benötigen Bilder, um mit Nachdruck das Eingreifen der NATO zu erzwingen. Wer Botschafter Melnyk - wie kürzlich wieder bei Maybrit Illner, dem ZDF-Talk - erlebt, dem wird übel.

  • zet

    Es gibt dutzende Videos, die zeigen, wie russische Soldaten unter Gefahr fuer das eigene Leben, Zivile aus Gefahrenzonen evakuieren. Russische Kriegsgefangene werden von den ukrainische Nazibatallionen gefoltert und hingerichtet. Auch dafuer gibt es genuegend Videobeweise , die im Internet zu finden sind. Die Ukraine hat Frankreich offiziell mitgeteilt, dass sie sich nicht an das Genfer Abkommen ueber die Behandlung von Kriegsgefangen halten werde. Noch Fragen?

  • zet

    Schauen Sie sich auch einmal die Bilder im Internet an, die zeigen wie ukrainische Truppen Panzer, SPW's und andere Waffen in der Naehe von zivilen Objekten (Schulen, Krankenhaeuser, Kindergaerten, Wohnhaeuser) plazieren. Heute wurde die Stadt Kramatorsk von der ukrainischen Armee mit einer Tochka-U Rakete (die hat nur die ukrainische Armee im Bestand) beschossen. 30 Tote und ueber 100 Verletzte. Alles Zivilpersonen!