Die kleinen baltischen Staaten schienen immer irgendwie sympathisch. Und jetzt das: Estland verbietet ab dem neuen Schuljahr Russisch an den Schulen. Dabei spricht eine grosse Minderheit in Estland Russisch.

Auch Lettland schränkt die russische Sprache im Unterreicht ein, nicht einmal als zweite Fremdsprache soll Russisch in Zukunft unterrichtet werden dürfen.

Als neutraler Schweizer, aufgewachsen in einem Land mit vier Amtssprachen, reibt man sich die Augen. Kommt hinzu, dass die baltischen Spitzenpolitiker jede Kritik an ihrer Sprachenpolitik unwirsch abweisen und erklären, Russisch sei die Sprache der ehemaligen «Besatzer».

Dumm nur, dass in Estland rund ein Viertel der Bevölkerung Russisch spricht – ein Viertel der Bevölkerung, dem jetzt in aller Deutlichkeit signalisiert wird, Bürger zweiter Klasse zu sein.

Man will ja nicht den Teufel an die Wand malen, aber die Spannungen in der Ukraine, die schliesslich in einen brutalen Krieg mündeten, haben zum Teil auch mit einer Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung begonnen.

Dass die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas, gerne zur «Eiserne Lady» vom Baltikum hochgeschrieben, zur EU-Aussenbeauftragten aufsteigt, macht die Aussichten auch nicht unbedingt heller.

PS: Wo bleibt da die aussenpolitische Initiative der vielsprachigen und neutralen Schweiz, wo bleibt der diskrete, aber umso substanziellere Hinweis darauf, wie man jenseits von nationalistischen Homogenitätsfantasien aus der hochexplosiven Mottenkiste der Geschichte friedlich mehrsprachig zusammenleben kann?

Think about it.