Die Würdigungen des vor Tagen verstorbenen ehemaligen Credit-Suisse-Managers und -Präsidenten Rainer E. Gut bewegen sich in einem etwas anderen Rahmen als dies normalerweise bei Nachrufen der Fall ist. Gemessen an der Bedeutung und dem Format des Wirtschaftsführers melden sich nicht sehr viele Stimmen.
Es ist eine besondere Situation, dass das Unternehmen Credit Suisse, dessen Entwicklung Gut seinerzeit massgeblich geprägt hatte, kurz vor seinem Tod untergegangen ist. Die beiden Ereignisse werden in der Öffentlichkeit unwillkürlich ein Stück weit miteinander verbunden. Je nach Sichtweise wird das Schicksal der Grossbank ein wenig als Realitäts-Check für Guts langfristiges Wirken betrachtet.
Die NZZ etwa schreibt: «Er, der als der wichtigste und mächtigste Wirtschaftsführer der Schweiz galt, musste miterleben, wie die Bank, die er über zwei Jahrzehnte prägte, von ihrer grössten Konkurrentin UBS gerettet und übernommen wurde.» Zudem existiere von den ihm nahestehenden Zürcher Traditionsunternehmen nur noch die Swiss Re. Und der früher von ihm unterstützte Fussball-Rekordmeister GC, 2003 zum letzten Mal Meister, gehöre einem chinesischen Investor.
In Zeitungen von Tamedia und CH Media gibt es ähnliche Einschätzungen – wobei aber auch immer der frühere Teil von Guts Karriere betont wird: Seine Hinwendung zum Investmentbanking in den USA, dann sein Aufstieg in der Schweizerischen Kreditanstalt mit der Ernennung zum operativen Chef 1977 und zum Präsidenten 1982; der von ihm forcierte Ausbau des Investmentbankings mit der CS First Boston und so die Internationalisierung des CS-Konzerns, unter anderem mit teuren Zukäufen; daneben die Expansion im Inland mit den Übernahmen etwa von Bank Leu und Volksbank, später der Winterthur Versicherungen samt dem teuren Scheitern des Ausbaus in Richtung Allfinanz.
Im Jahr 2000 wechselte Gut als Präsident zu Nestlé, die weitere Entwicklung der CS wird dennoch stark mit ihm in Verbindung gebracht, weil die Mentalität des angelsächsischen Bankings zu hohe Risiken und Managerlöhne in die Bank gebracht habe. Zudem war Gut bis jüngst CS-Ehrenpräsident und sein Sohn Alexander 2016 bis 2020 Mitglied im CS-Verwaltungsrat.
Eine prominente Einschätzung zu diesem Punkt gibt Oswald Grübel, seinerzeit unter anderem in der CS-Führung zum CEO aufgestiegen und langjähriger beruflicher Weggefährte Guts, jetzt in der NZZ am Sonntag: «Einige Medien machen Rainer E. Gut für den Niedergang verantwortlich, weil er das Geschäft internationalisierte. Das ist ein absurder Vorwurf.» Hätte die CS diesen Schritt nicht gemacht, wäre sie bedeutungslos geworden, fügt Grübel an.
Das Problem sei gewesen, dass die CS keine Manager mehr gehabt habe, die das Geschäft verstanden hätten. Man habe, so Grübel, früher auch Fehler gemacht, aber sie als solche erkannt und schnell korrigiert.
Wegen diesem Herrn ist der Ackermann weggegangen. Und die Swissair und die CS ging unter! Und dafür hat er x-Millionen kassiert!
Dank Rainer E. Gut und Folgen gab es später die erfolgreiche Mindersche Anti-Abzocker-Initiative, deren Folgeleistung sich etwa auf dem Niveau der Masseneinwanderungsinitiaive hält. Dennoch: Rainer E. Gut hatte Authentizität, aber was nach ihm kam, wofür ihm Verantwortungsfähigkeit nicht abzusprechen ist, bzw. Unfähigkeit, dass musste er bis zum bitteren Ende mit ansehen. Er kannte indes noch die Schweizer Unternehmenskultur und auch die nationale Kultur überhaupt, verdient menschliche Achtung.
Es ist anständig, dass man seinen Abgang würdigt, ohne seine Untaten wieder allzu sehr aufzuwühlen.