Chinas Null-Covid-Strategie fordert zwar einen hohen ökonomischen Preis. Der Immobilienmarkt crasht, der Detailhandel ist rückläufig, die Industrieproduktion sinkt, und die Arbeitslosigkeit steigt.

Trotzdem hält die Regierung an ihrer rigorosen Lockdown-Politik fest. Und das, obwohl die Zahl der neuen Positiv-Fälle sinkt und bei 25 Millionen Einwohnern bei einem bescheidenen dreistelligen Wert liegt.

Statt zu lockern, verschärfen die Behörden in Schanghai ihren Kampf gegen Omikron. Dafür haben sie sogar ein chinesisches Wort erfunden: «Da Bais». Das heisst so viel wie grosse Weisse, weil die Corona-Kämpfer an vorderster Front weisse Schutzkleidung tragen.

Sie wenden eine höchst umstrittene Methode an: Sie desinfizieren Privatwohnungen.

Doch die Bürger nehmen das nicht mehr widerspruchslos hin. Sie stellen Videos ins Netz, auf denen die «Da Bais», also Ärzte, Pflegepersonal und Freiwillige, gleich kiloweise Chemikalien aufs Bett sprühen.

Nichts ist vor den «Da Bais» sicher, weder Bettdecken, die Couch noch der Kühlschrank der positiv Getesteten. Auch deren Nachbarn erhalten Besuch der «Da Bais». Ob die Möbel- und Kleidungsstücke nach deren Chemieangriffen noch zu gebrauchen sind, ist derzeit unbekannt.

Eine Schanghaierin, die ihren Kampf gegen diese fragwürdige Praxis gefilmt und ins Netz gestellt hat, stellt zwei mehr als berechtigte Fragen: Auf welcher wissenschaftlichen Basis wird die Wohnung desinfiziert? Da Viren bekanntlich Menschen oder Tiere als Wirt brauchen, um zu überleben, können Gegenstände nicht mit Viren behaftet sein.

Und auf welcher gesetzlichen Basis beruht das Ganze? Die Unantastbarkeit des Privateigentums ist in der chinesischen Verfassung festgeschrieben. Demnach dürfen Bürger nicht gezwungen werden, ihren Wohnungsschlüssel abzugeben.

Doch selbst in China ist offenbar Widerstand gegen die Behörden nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich. Da die «Da Bais» der Videofilmerin nur mit einem Anordnung-von-oben-Gemurmel antworten konnten, liessen sie die Frau und deren Wohnung in Ruhe.

Zumindest vorerst.

Und wer sich den Clip heute anschauen möchte, stellt fest: Er ist nicht mehr aufrufbar. Dafür hat die fleissige Netzpolizei gesorgt.

 

* Li Ju ist ein Pseudonym. Die chinesische Journalistin ist der Redaktion bekannt. Sie wohnt in Peking und möchte ihren Namen aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlichen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Kiloweise Chemikalien aufs Bett sprühen: Im Kampf gegen Covid kennt China keine Grenzen. In der Bevölkerung regt sich Widerstand"
  • Aufseher

    Schlimm, aber sind wir von solchen Ultradiktaturzuständen so weit entfernt. Zur Erinnerung, es gab Ausgangssperren, willkürliche verschiedenartige gesundheitsgefährdende Maskenpflichten, indirekte gefährliche Zwangsimpfungen, Gewerbeverbote, Berufsverbote, Demonstrationsverbote, Schul- u. Kitaschliessungen. Die Liste der Grundrechtsverletzungen ist sicher noch viel länger und in allen Fällen geschah es evidenzlos, als reiner staatlicher, schikanöser und ruinöser Zweckakionismus!

  • Dr. med. Thomas Binder

    Vor bald zweieinhalb Jahren liessen wir uns durch solche absurden Bilder und Videos aus China davon überzeugen, dass wir nach dem plötzlichen Auftreten von COVID in Norditalien freiwillig ein menschenverachtendes autoritäres (Corona-)Regime nach chinesischem Vorbild akzeptieren sollten. Nun sollen wir mit ähnlichen fake-Bildern und -videos davon überzeugt werden, dass China-WEF-UNO-WHO die Lieferketten wegen COVID durchschneiden, nicht um die westliche Wirtschaft zu zerstören: Totaler Nonsense!

  • Wernher

    Die strenge Covid-Politik in China ist wohl nur noch mit einer Paranoia von Xi zu erklären. So wie in China finden sich auch paranoide aber auch korrupte Politiker im Rest der Welt, Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz.