«L’amour toujours», das Lied des italienischen DJ Gigi D’Agostino, fällt einem Bann zum Opfer. Radiosender boykottieren es. Am Oktoberfest in München darf es nicht laufen. Die Uefa verbietet es an der Fussball-EM.

Es dürfte in der Geschichte der erste Fall sein, in dem ein musikalisches Werk nicht aufgrund des eigentlichen Inhalts untersagt wird, sondern weil man zu seinem Refrain auch andere Wörter singen kann. Was eigentlich immer möglich ist.

Auch der DJ selbst findet: Wer mit Musik rassistische Botschaften verbreiten wolle, könne das auch zu einer anderen Melodie tun. Ein Verbot löse da gar nichts.

Damit hat er recht. Noch sehr viel stossender ist aber, welchen Aktivismus die Politik zu entfesseln vermag, wenn es um betrunkene Feriengäste geht, die nationalistische Parolen grölen.

Wenige Stunden nach der Veröffentlichung von Videoclips aus einem Klub auf Sylt waren die Beteiligten ihren Job los und wurden in den sozialen Medien gejagt. Danach war die Reihe an dem harmlosen Partysong. Als würden sich real existierende Probleme lösen lassen, indem man feiernde Alkoholopfer und eine Melodie aus dem Verkehr zieht.

Ganz anders nach Mannheim. Tage nach dem furchtbaren islamistischen Attentat mit einem Todesopfer fehlt es zwar nicht an öffentlichen Äusserungen der Politik. Sehr wohl aber an Handlungen.

Die Migrationspolitik neu denken? Abgewiesene Asylgesuche von Leuten, die immer noch im Land sind, akribisch überprüfen? Eine Task-Force zum Islamismus einsetzen? Fehlanzeige. Keine der grossen Parteien erhebt solche Forderungen.

Zugegeben: Das Oktoberfest von einem einzelnen Lied zu befreien, ist weit einfacher. Effektiv ist es allerdings nicht. Denn heutzutage trägt jeder seine eigene Playlist in der Hosentasche.