Claudia Sheinbaum von der regierenden linken Morena-Partei wurde im Juni 2024 zur ersten Präsidentin Mexikos gewählt. Sie übernahm am 1. Oktober das Amt. Die 61-Jährige ist Physikerin und promovierte Umweltingenieurin. Sie war bereits die erste Bürgermeisterin der Millionenmetropole Mexiko-Stadt.

Ihr Wahlerfolg hat vor allem auch mit der grossen Unterstützung des letzten mexikanischen Präsidenten zu tun, der sich mit Sozialprogrammen zur Bekämpfung der Armut grosser Beliebtheit erfreute. Immer wieder betonte Sheinbaum, dass sie seine Politik fortführen werde, weshalb sie von einigen Kritikern als Marionette des früheren Präsidenten López Obrador betitelt wird. Sie hat jedoch auch eigene Prioritäten angekündigt: die Verbesserung des mexikanischen Bildungssystems und die Wiederherstellung der inneren Sicherheit. Zudem will sie Investition in saubere Energien forcieren.

Drogenkartelle, Kriminalität aller Art und Migration – an gewaltigen Herausforderungen mangelt es Mexikos neuer Präsidentin Sheinbaum nicht. Täglich sterben in Mexiko rund hundert Menschen eines gewaltsamen Todes. Dennoch werden die meisten Verbrechen nicht geahndet. In Teilen von Bundesstaaten wie Michoacán, Guerrero oder Tamaulipas regiert das organisierte Verbrechen, das in Mexiko weitgehend Straffreiheit geniesst. Viele Mexikaner hoffen auf einen Kurswechsel, aber ein solcher ist nur schwerlich herbeizuführen, zumal sich auch das Militär und die Nationalgarde in der Politik eingenistet haben. Und es stehen weitere grosse Probleme vor der Tür.

Der mexikanische Peso ist seit dem Jahreshoch von April 2024 bis zum 28. Oktober um rund 18 Prozent eingebrochen. Dadurch verbilligen sich die Exporte der Mexikaner in die USA weiter. An einer Wahlveranstaltung am 26. Oktober in Pennsylvania hat Donald Trump einen Kampf gegen ausländische Investoren angekündigt, die in Mexiko investieren, um von dort aus dank Billiglöhnen die USA mit günstigen Autos und anderen Produkten zu überschwemmen. Deshalb kündigte er bei einem Wahlsieg ein harsches Vorgehen mit massiven Strafzöllen gegen Importe aus Mexiko an. Für Mexiko sind die USA der wichtigste Exportmarkt, gehen doch rund 84 Prozent (Uno-Daten von 2023) der Ausfuhren dorthin. Aus Sicht der USA ist Mexiko mit 480 Milliarden Dollar beziehungsweise 16 Prozent Anteil an den Gesamtimporten noch vor China mit 448 Milliarden Dollar (15 Prozent) das wichtigste Importland.

Bei einem Wahlsieg Trumps könnte ein eigentlicher Handelskrieg zwischen den USA und Mexiko mit massiv negativen Folgen für Mexiko ausbrechen. Gleichzeitig beabsichtigt Trump einige Millionen Immigranten nach Mexiko zurückzuführen. Der IWF geht für 2024 von einem Realwachstum von 1,5 Prozent für die mexikanische Wirtschaft aus (2025: 1,3 Prozent, 2026: 2 Prozent). Geschäftsbanken haben ihre Wachstumsschätzungen wegen der lahmenden Inlandnachfrage bereits für 2024 tiefer angesetzt.

Ob diese sich über Mexiko zusammenziehenden schwarzen Wolken der Hauptgrund für die anhaltend hohen Zinsen sind, oder ob die Investoren ein Versinken Mexikos in die Kriminalität und Bandenkriege befürchten, ist unklar. In jedem Falle liegt die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen, die zwar von den jüngsten Höchstständen leicht zurückgekommen ist, mit 10,1 Prozent (28. Oktober 2024), auf dem höchsten Stand seit 2005. Dies ist umso erstaunlicher als die Inflation seit dem Teuerungsschub auf bis zu 8,7 Prozent 2022 im September 2024 wieder auf 4,6 Prozent sank. Die Notenbank hat ihren Leitzins von 4 Prozent im Juni 2021 in 15 Trippelschritten auf 11,25 Prozent angehoben, hat nun aber im März 2024 mit drei Senkungen den Leitzins wieder auf 10,5 Prozent reduziert. Weitere Senkungen werden erwartet.

Die Staatsverschuldung Mexikos erscheint mit 48 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) zur Jahresmitte 2024 noch tragbar, auch wenn sie seit dem Tief von 20 Prozent Ende 2008 deutlich angestiegen ist. Aber für 2024 wird ein Rekorddefizit von 5 Prozent des BIP erwartet, was die neue Regierung wohl zu einer Haushaltskonsolidierung zwingen wird. Ohne Gegensteuer könnte die Verschuldung 2030 rund 60 Prozent des BIP, einen Rekordstand für Mexiko, erreichen und das nur noch knappe investment grade-Kreditrating gefährden.

Mexiko ist mit einem BIP von 1789 Milliarden Dollar die zweitgrösste Volkswirtschaft Lateinamerikas und die dreizehntgrösste der Welt. Deshalb ist die Entwicklung in diesem 130-Millionen-Einwohner-Land auch für die Weltwirtschaft bedeutsam. Ohne Wirtschaftswachstum wird es auch für die neue Präsidentin Sheinbaum schwierig werden, die erforderlichen Reformen durchzuboxen, denn ohne Geld läuft auch in Mexiko nichts.