Deutsche Medien haben ein neues Feindbild. Neben Corona-Massnahmen-Kritikern und Putin sind es nun: die Bauern.

Der Grund: Die Landwirte nehmen sich die Tage etwas heraus, was dem Gesinnungs-Journalismus in Deutschland zum Empörungsschwitzen treibt.

Dass sich die wackeren Bauern mit ihrer Fundamentalkritik an der Regierung nun auch noch organisieren und ihren Protest im Sinne der Demokratie auf der Strasse zum Ausdruck bringen, ruft die Lordsiegelbewahrer der Gegenwart auf den Plan. Was deutsche Medien in der kurzen Zeit seit dem «Fährenzwischenfall» an «Berichterstattung» abgeliefert haben, dokumentiert auf bestechende Weise die Atomisierung des Mainstream-Journalismus.

Der Spiegel zwitschert über die Plattform X: «Der motorisierte Mistgabelmob ist nur schwer vom Kurs abzubringen, aber wird mitunter zum Aufstand der Geknechteten hochgejubelt. Fast scheint es, als wäre der Bauer ein ‹edler Wilder› – und kein Profiteur der Agrarlobby.»

Auch die Taz versteht es, die angeblich richtigen Worte zu finden. Sie spricht von einem «Mähdrescher-Mob», der «auf die Strasse will».

Beim Wettbewerb um die Delegitimierung des Bauernprotests verstecken sich auch die Öffentlich-Rechtlichen nicht: Vor einem Millionenpublikum lassen die «Tagesthemen» eine Extremismusforscherin zu Wort kommen, die einer ganz heissen Investigativ-Geschichte auf die Spur gekommen sein will. Stichworte sollen hier genügen, um den «brisanten» Enthüllungsexzess sichtbar zu machen: «Telegram», «Reichsbürger», «Strukturen», «pro-russisch», «Stimmung gegen die Demokratie zu schüren», «Proteste», «gesteuert», «gegen Habeck».

Zwischendrin fällt das Wörtchen «scheinen». Anders gesagt: So genau weiss man das alles nicht. Doch exaktes Wissen ist heutzutage journalistischer «Qualität» ohnehin eher abträglich. Genaues Wissen out, ideologisch richtiges Vermuten in.

Die hier angeführten Beispiele aus den Medien sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Bauern müssen gerade die Erfahrung machen, die nahezu jede Protestgruppe, die sich zu sehr gegen die vorherrschende Politik stellt, macht: Wollt ihr nicht die Politik beklatschen, müsst ihr durch die Propaganda tappen.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.