Die Österreicher hängen uns auf dem diplomatischen Parkett ab. Als erster westlicher Regierungschef seit Kriegsbeginn ist der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer nach Moskau gereist. Dort wird er mit dem Kreml-Herrscher Wladimir Putin Gespräche führen über ein Ende des Krieges in der Ukraine und humanitäre Korridore für die Zivilbevölkerung.

Das wirft natürlich auch die Frage auf, wann der Schweizer Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis in Richtung Moskau aufbricht. Er sollte sich ein Beispiel an seinem Vorgänger Didier Burkhalter nehmen, der nach der Annexion der Krim 2014 als Vorsitzender der Organisation für die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu Putin nach Moskau reiste. Mit dieser Reise konnte er damals die Situation zwischen Russland und der Ukraine entspannen. Er bekam damals für diese Aktion von links bis rechts viel Applaus.

Burkhalter hatte allerdings einen anderen Ansatz als das heutige bundesbernische Polit-Establishment: Er war überzeugt davon, dass man Russland nicht isolieren dürfe. Er liess auch vereinzelt durchblicken, dass der Westen nicht ganz unschuldig ist an den Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine.

Die Sanktionen des Westens wurden 2014 auch nicht einfach übernommen, man verhinderte nur Umgehungsgeschäfte über die Schweiz. Inzwischen partizipiert das Land an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland und hat sich damit als neutraler Gesprächspartner unmöglich gemacht.

Ist der Bundespräsident Cassis deswegen noch nicht nach Moskau gereist, weil wir uns mit der Parteinahme für die Ukraine als Vermittler unmöglich gemacht haben?