Der Ukraine-Krieg hat ihn wieder ins Gespräch gebracht. Denn der Begriff der Schlafwandler, den der australische Historiker Christopher Clark für die Akteure des Ersten Weltkriegs geprägt hatte, schien auch auf den derzeitigen Konflikt zu passen: Ohne es zu wollen, tappt die Welt schlaftrunken in ein neues Armageddon.

Nun hat Clark richtiggestellt: Die heutige Situation unterscheide sich grundlegend von der damaligen, als alle Staaten Europas übereinander herfielen. Heute gebe es nur einen Aggressor, dem ein geeinter Kontinent entgegenstehe.

Also Entwarnung? Keineswegs.

Statt Schlafwandler verwandte Clark ein anderes Wort: Autopilot. Mit ihm könne ebenfalls ein Weg in einen grossen Konflikt führen. Auslöser sei die «Illusion eines ständig wachsenden Kausaldruckes» – weil angeblich dies passiere, müsse konkret jenes getan werden, und so weiter bis zum grossen Knall.

So weit muss es nicht kommen. Clarks Vorschläge sind banal: Jede Entscheidung kühl durchdenken, mit Putin im Gespräch bleiben, die Russen nicht pauschal stigmatisieren. Eindringlich warnt er vor grossen Vereinfachern.

Nur eine lobenswerte Ausnahme sieht er: Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich weigert, ins Kriegsgeheul einzustimmen. Seine Zögerlichkeit, so Clark, «geziemt sich auch für einen Staatsmann einer friedliebenden Nation».

Das sitzt. Denn der Historiker sagt damit auch: Jene Staatsmänner, die den verbalen Frontkämpfer geben, sind alles andere als friedliebend – von Joe Biden über Boris Johnson bis zu Polen und Balten.