Ein journalistischer Volkssport ist es derzeit, Umfragen zu den US-Präsidentschaftswahlen durchzuführen. Nicht in den USA notabene, wo auch wirklich gewählt wird, sondern in der Schweiz oder in Deutschland. Manche Umfragen sind repräsentativ, andere nicht.

Die Resultate sind aber immer ähnlich: Eine erdrückende Mehrheit würde Harris wählen oder geht davon aus oder hofft, dass sie gewinnt. Gemäss einer ZDF-Umfrage glauben 72 Prozent der Deutschen an einen Sieg von Harris.

In der Schweiz bevorzugen selbst Bürgerliche die linke Harris. 78 Prozent Freisinnigen würden Harris wählen, so eine Umfrage des Nebelspalters. Nur die SVP-Basis votiert mehrheitlich für den konservativen Trump. Doch auch bei ihr erzielt Harris hohe 31 Prozent, 29 Prozent würden eine andere Person wählen.

Die Ergebnisse zeigen: Auf die Politik der Kandidaten kommt es also kaum an. Oder es sei denn, die bürgerliche Mitte inklusive FDP ist schon fast so links geworden wie eine Harris.

Wahrscheinlicher ist, dass das deutschsprachige Publikum dem an Einseitigkeit kaum zu überbietenden Bild folgt, das hier die Medien von den beiden Kandidaten zeichnen.

Der Spiegel zum Beispiel setzt Trump und Elon Musk aufs Cover und bezeichnet sie als «Staatsfeinde». Das zwangsgebührenfinanzierte Schweizer Radio und Fernsehen warnt in schrillen Tönen vom «düsteren und bedrohlichen» Donald Trump.

Teufel Trump, Göttin Harris: Das ist das Schwarzweissbild, das unsere Medien zeichnen. In den USA selbst ist die Vielfalt der Stimmungen und Meinungen etwas grösser. Und im Kontrast zum deutschsprachigen Europa sehen die Wahlumfragen dort auch ganz anders aus: Das Rennen ist viel knapper, als es sich die fernen und ferngesteuerten Europäer vorstellen.

Zum Glück wählen immer noch die Amerikaner den amerikanischen Präsidenten – und nicht die Schweizer oder die Deutschen.