Das Staatsekretariat für Migration gab gestern bekannt: Am 1. März leben 65.057 Ukrainer mit Schutzstatus S in der Schweiz.

Schon länger hier lebt Nazarij Zatorsky, Bischöflicher Beauftragter für die Ukrainer in der Schweiz. Der Zuwanderer besitzt mittlerweile sogar den roten Pass.

Dem katholischen Internet-Portal Swiss-cath.ch hat der Gottesmann zum zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine ein Interview gegeben.

Von den christlichen Werten Glaube, Liebe, Hoffnung und Barmherzigkeit ist im Gespräch wenig zu spüren. Es liest sich wie die bekannten Phrasen von Militärs oder Politikern – und als Anklageschrift gegen die Schweiz.

Auf die Frage nach der Stimmung wegen der vielen Opfer sagt Zatorsky: «Man weint im Stillen. Das heisst, diejenigen, die jemand verloren haben, trauern offen um ihre Nächsten, aber ansonsten herrscht die Meinung, dass wir unsere Opfer öffentlich erst nach dem Sieg beweinen werden, jetzt muss man stark bleiben und weitermachen.»

ِِZur Kampfkraft der ukrainischen Armee meint er: «Anfang des Jahres 2022 schätzten Militärexperten die russische Armee als die zweit- oder drittstärkste Armee der Welt. Nun, es hat sich gezeigt, dass sie tatsächlich die zweitstärkste Armee ist, aber nicht weltweit, sondern in der Ukraine: Die ukrainische Armee ist die stärkste und die russische die zweitstärkste.»

Zur Schweizer Hilfe gibt er zu Protokoll: «Es werden Budgets für die ukrainische Seelsorge und andere Projekte gekürzt, obwohl der Krieg noch nicht vorbei ist und die Flüchtlinge immer noch da sind. Auch auf dem Niveau der Symbole nimmt die Unterstützung ab: Es werden beispielsweise die ukrainischen Flaggen abgenommen wie in Zürich.»

Und der Priester und Doktorand an der Uni Freiburg weiter: «Am besten hilft die Schweiz durch die Unterstützung der Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden, und durch die Munitionslieferungen. Die Neutralität der Schweiz ist dabei kein Hindernis. Denn es geht hier nicht um einen Krieg zwischen den Imperien, wo man keiner der Seiten helfen wollte – wie es in früheren Zeiten der Fall war, als man die Neutralität der Schweiz ausrief. Wenn die Schweiz sich als Teil der demokratischen Welt versteht, muss sie die Seite wählen und entsprechend handeln, und nicht, wie es vorher war, mit den Diktatoren aller Arten und Länder weiterhin Geschäfte machen und Gewinn aus dem Blutgeld erzielen.»

Der Eindruck bleibt haften. Hier ist ein junger Mann aus der Ukraine nicht mit der Politik seiner neuen Heimat zufrieden.

Dass das so ist, daran sind die Schweizer mitschuldig. Es gelingt ihnen nicht mehr, grundlegende Eigenschaften ihres Staatswesens zu vermitteln und bei Migranten wie Zatorsky ein leises Gefühl von Dankbarkeit und Demut auszulösen.