Rund 45,3 Millionen Studierende oder Studienabgänger in den USA sind verschuldet. Ende 2021 waren es durchschnittlich 37.338 Dollar. Wenn man die Kreditstatistiken der US-Banken betrachtet, wird man aber den Verdacht nicht los, dass ein Teil der 1502 Milliarden Studiendarlehen (Stand: April 2023) nicht dem eigentlichen Zweck dienen, sondern als Ersatz für Hypotheken (der Eltern der Studenten) und den Haushaltskonsum aufgenommen wurden.

Seit der Finanzkrise Ende 2007, als sich die Studiendarlehen erst auf 116 Milliarden US-Dollar beliefen, haben diese um 1386 Milliarden Dollar, die übrigen Konsumkredite der Haushalte aber «nur» um 864 Milliarden Dollar zugelegt. 2007 machten die Studiendarlehen 4,4 Prozent der Konsumkredite privater Haushalte aus, heute sind es 31 Prozent.

Das Wahlversprechen von Präsident Biden, er werde jedem Studenten 10.000 Dollar Studiendarlehen erlassen, schürte Hoffnungen, dass ein wesentlicher Teil der staatlich garantierten Studiendarlehen erlassen würden. Immerhin hätten bis zu 43 Millionen Studierende davon profitieren sollen. 20 Millionen von ihnen wären die Schulden sogar gänzlich losgeworden.

Biden stützte sich rechtlich auf den «Heroes Act» (Corona-3000-Milliarden-Rettungspaket). Man sprach von 430 Milliarden US-Dollar, verteilt auf dreissig Jahre.

Als Biden im Augst 2022 vor den Zwischenwahlen den Schuldenerlass ankündigte und im Oktober die Anmeldeformulare eintrafen, glaubten viele, ihre Schulden seien nun hinfällig. Aber nun hat das Gericht dem Stimmenkaufprogramm der Demokraten einen Riegel geschoben.

Gegen diese Spendierfreudigkeit des Präsidenten hatten sechs Bundesstaaten geklagt. Die Entscheidung des obersten Gerichts fiel mit sechs zu drei Stimmen klar aus. Heisst: Biden wollte den nationalen Corona-Notstand dazu nutzen, einen Schuldenerlass für Studenten durchzuboxen.

Konkret wollte er für Studienabgänger mit weniger als 125.000 Dollar Einkommen Studiendarlehen von bis zu 20.000 Dollar erlassen. Nicht zuletzt wegen des hohen Betrags hätte er aus richterlicher Sicht die Zustimmung des Kongresses benötigt. Es ging wohl letztlich auch um die Frage, ob solche Schuldenerlass-Programme unter «Notrecht» beschlossen werden dürfen.

Bei den Republikanern eckt jedoch nicht dieser rechtsformalistische Misstritt an, sondern es geht ihnen um Fairness innerhalb der US-Gesellschaft.

Der republikanische Minderheitsführer im Senat brachte es auf den Punkt: «Der Erlass dieser Schulden wäre ein Schlag ins Gesicht all derjenigen gewesen, die ihre Schulden zurückbezahlt haben oder eine andere Berufswahl getroffen haben, um Schulden zu vermeiden.»

Ab Oktober 2023 sollen nun die im Zuge der Corona-Pandemie von den Präsidenten Donald Trump und Joe Biden gestundeten Amortisationen wieder aktiviert werden. Wer nicht zurückzahlt, dem droht nach 270 Tagen eine Rückstufung des in den USA üblichen persönlichen Credit-Ratings. Die Federal Reserve New York schätzt, dass 37 Millionen Schuldner 195 Milliarden Amortisationen aufschieben konnten. Es geht somit insgesamt um Beträge, die für die Volkswirtschaft, insbesondere den Privatkonsum, Folgen haben werden.

Präsident Biden will das Urteil des obersten Gerichtes allerdings nicht akzeptieren: Er macht den Studierenden damit wohl erneut Hoffnungen, dass sie doch noch in den Genuss milliardenschwerer Geschenke kommen würden. Wer sich diese Chance nicht verspielen will, ist somit fast gezwungen, erneut Biden zum Präsidenten zu wählen.

Der amtierende US-Präsident will das Gerichtsurteil unterlaufen, indem er nicht mehr den «Heroes Act», sondern den «Higher Education Act» als Rechtsgrundlage anwenden will. Das Bildungs-Departement wird ein entsprechendes Gesetz ausarbeiten, doch wird der gesamte Gesetzgebungsprozess mehrere Monate dauern und die Vorlage wohl erst nach den Wahlen 2024 ins Parlament gelangen.

Biden kann dieses Wahlkampfthema somit nutzen, ohne einen neuen Schuldenschub zu verursachen, der ihm negative Publizität bescheren würde.