Die Rückstufung der Kreditbonität der USA durch Fitch hat in den Chefetagen der US-Regierung Ärger ausgelöst. Sie kritisieren die Rating-Agentur, ihre Analysen auf veralteten Zahlen zu basieren. Ein Vergleich mit der Aktualität zeigt, dass die Situation noch viel besorgniserregender ist: Die Zinsen sind massiv angestiegen, die Ausgaben, die Defizite und die Schulden haben weit stärker zugelegt als budgetiert.

Erstmals seit 2007 stieg die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen am 1. August 2023 wieder über die 4-Prozent-Marke. Die Renditen der Anleihen mit kürzeren oder längeren Laufzeiten stiegen sogar noch stärker an.

Im Budget 2023 ging Präsident Biden von Kurzfristzinsen (91-Tage-Treasury bills) von 0,9 Prozent, für 2024 von 1,6 Prozent aus. Bis 2032 sollten die kurzfristigen Zinsen (drei Monate) nicht über 2,3 Prozent ansteigen. Effektiv liegen sie bei 5,44 Prozent. Die zehnjährigen Staatspapiere sollten gemäss Budget im Jahr 2023 eine Rendite von 2,5 Prozent, im nächsten Jahr von 2,7 Prozent aufweisen und mit 3,2 Prozent im Jahre 2032 ihren Höchststand erreichen. Sie stehen heute aber bei 4,26 Prozent.

Per Ende des Fiskaljahres am 30. September 2023 war ein Schuldenstand von 32.593 Milliarden budgetiert. Dieser Wert wurde bereits am 9. August erreicht. Ende August betrug er 32.914 Milliarden. Die US-Regierung wird somit wesentlich mehr Schulden als geplant zu verzinsen haben. Jedes Prozent Zins auf diesem Schuldenberg bedeutet einen Betrag von 330 Milliarden oder fast 5 Prozent der Ausgaben.

Im gesamten Fiskaljahr 2021/2022 (per 30. September 2022) wurden 4896 Milliarden eingenommen und 6272 Milliarden ausgegeben. Es resultierte ein Defizit von 1375 Milliarden Dollar. Im laufenden Fiskaljahr liegt das Defizit nach zehn Monaten mit 1613 Milliarden Dollar bereits deutlich über dem Defizit des gesamten Vorjahres und vor allem markant über dem budgetierten Minus von 1176 Milliarden Dollar für das gesamte Jahr.

Die Einnahmen sanken in den ersten zehn Monaten um 10 Prozent, während die Ausgaben um knapp 10 Prozent zulegten. Die Ausgaben liegen nach zehn Monaten 15 Prozent über dem geplanten Ausgabensoll für das gesamte Fiskaljahr, die Einnahmen hingegen um 18 Prozent darunter. Trotz ansprechender Konjunktur steht das dritthöchste Defizit der US-Geschichte bevor.

Und es wird noch schlimmer, denn die Zinslast wird zügig weiter ansteigen – vor allem wenn das US Fed die Leitzinsen wegen der hartnäckig hohen Kerninflation (Juli: 4,7 Prozent) erneut erhöht. In den ersten zehn Monaten des Fiskaljahres bezahlten die USA bereits 965 Milliarden, was 18 Prozent der Ausgaben bis Juli 2023 ausmachte. Ende Juli stellte sich die Verzinsung der gesamten US-Staatsschuld auf 2,84 Prozent.

Die laufenden Umschuldungen werden relativ rasch zu einer massiv höheren Zinsbelastung führen, denn die durchschnittliche Restlaufzeit der US-Staatsschulden beträgt nur 67 Monate, das sind etwas mehr als fünfeinhalb Jahre. Die jüngste Darstellung der Staatsschulden nach Fristigkeiten per Ende Juni 2023 zeigt, dass etwa 33 Prozent der von privaten Investoren gehaltenen Publikumsschulden innerhalb eines Jahres fällig werden, weitere 36 Prozent zwischen einem und fünf Jahren. Nur 14 Prozent weisen eine Restlaufzeit von mehr als zehn Jahren auf.

Die jährlichen Zinskosten der USA werden wohl schon bald die 1000-Milliarden-Grenze pro Jahr überschreiten. Bezogen auf die geschätzten Staatsschulden von 33.000 Milliarden per September 2023 bedeutet dies aber erst eine Verzinsung von 3 Prozent. Das Ende der Fahnenstange ist damit noch lange nicht erreicht.

Würden alle Schulden zu den aktuellen Zinssätzen umgeschuldet (je nach Laufzeit zwischen 4,2 und 5,5 Prozent), dann errechnen sich Zinskosten von 1400 bis 1900 Milliarden, das wäre dann das Doppelte des Militärbudgets oder rund 22 bis 30 Prozent der gesamten Ausgaben.