Es braucht ein paar Minuten, bis ich mich an den Anblick des eindrucksvollen EV9 von Kia gewöhnt habe. In freundlichem Blau lackiert, sieht das Elektro-SUV aus Südkorea erfreulich futuristisch aus. Viele Details sind mit offensichtlichem Mut zur expressiven Form designt worden, etwa die langgezogenen Tagfahrlichter, verbunden von einem schmalen Leuchtband, welches den prominenten Kia-Schriftzug auf der Motorhaube unterstreicht. Dazu die elegant versenkbaren Türgriffe, die überraschenden Linienführungen am Heck. Kurz: Beim Anblick des Kia EV9 kommt mir ein Satz in den Sinn, welcher dem Sohn von Elon Musk zugeschrieben wird. «Warum sieht die Zukunft nicht aus wie die Zukunft?», soll er gesagt haben. Im Fall des EV9 sieht die Zukunft tatsächlich aus wie die Zukunft.

Schon auf den ersten Blick signalisiert der Auftritt des Autos, dass hier mit Konventionen gebrochen wurde, dass hier eine neue Art von Fahrzeug steht. Bei Kia bezeichnet man den EV9 als «robusten Geländewagen mit starker Präsenz und als ein wendiges Elektrofahrzeug, perfekt für die Stadt» – das Beste aus zwei Welten sozusagen.

 

Innovation aus Anziehung

Davon haben sich auch Fachjurys überzeugen lassen. Dem Kia EV9 wurden kürzlich bei den World Car Awards 2024 gleich zwei bedeutende Auszeichnungen verliehen: In New York erhielt der Elektro-SUV die prestigeträchtigen Titel «World Car of the Year» und «World Electric Vehicle».Die Jury – hundert angesehene Automobiljournalisten aus 29 Ländern – würdigte das innovative Design, das geräumige siebensitzige Interieur und das wettbewerbsfähige Preisniveau des Kia EV9.

Diese Idee liegt letztlich dem Design des siebensitzigen, batterieelektrischen EV9 zugrunde. Die Idee, dass Gegensätze sich anziehen und dass aus dieser Anziehung Innovation entstehen kann. Die Energie, die zwischen Innovation und Kontrasten entsteht, steht im Mittelpunkt der «Opposites United»-Philosophie von Kia, die wiederum die Erscheinung des EV9 beeinflusst hat: «Wir wollen Kontraste zulassen, weil sie Teil des Alltags sind», sagt Karim Habib, Executive Vice President und Leiter des Kia Global Design Centers.

Der Chefdesigner von Kia ist ohnehin eine interessante Persönlichkeit. Karim Habib ist in Beirut aufgewachsen. Der 54-Jährige studierte Maschinenbau in Kanada, Transportation-Design in Kalifornien und Grafikdesign in der Schweiz. Ob in diesem kontrastreichen Werdegang die Grundlage für seine heutigen Design-Ideen zu finden sind, weiss Habib allerdings nicht so genau: «Ich kann nicht mehr genau sagen, welcher Lebensabschnitt welchen Einfluss auf mich hatte. Was ich aber weiss: Der kreative Prozess hat mich schon immer mehr fasziniert als das Endprodukt oder die Vermarktung.» Für Habib muss Design auch keine perfekten Antworten liefern. Es soll Fragen aufwerfen, zum Nachdenken animieren.

«Der kreative Prozess hat mich schon immer mehr fasziniert als das Endprodukt.»

Dafür ist das EV9 ein perfektes Beispiel. Das Auto regt sofort dazu an, über das ungewöhnliche Design zu diskutieren, was ich mit verschiedensten Leuten während der Woche getan habe, in der ich mit dem grossen Kia unterwegs war. Hat man nämlich die Diskussionen über die Form der Leuchten oder die Kante über dem hinteren Radkasten abgeschlossen, sitzt man im EV9 in einem überaus grosszügigen Innenraum, der eine gute Mischung aus Technologie und Gemütlichkeit ausstrahlt.

Die Sitze der zweiten Reihe lassen sich bei der Konfiguration mit sechs Plätzen optional drehen, und die beiden hintersten Sitze können auf Knopfdruck und einzeln versenkt werden. Klappt man zusätzlich die zweite Sitzreihe nach unten, entsteht viel Laderaum (2318 Liter), um beispielsweise – wie in meinem Fall – ein Rennvelo oder andere wertvolle Fracht zu transportieren.

Die bequemen, zweifarbigen Sitze fühlen sich zwar weich und lederartig an, sind jedoch aus einem «veganen» PVC-Material gemacht, um den CO2-Fussabdruck des Autos zu verringern. Dabei kommen zum Beispiel wiederverwertete PET-Flaschen zum Einsatz. Die Teppiche des EV9 wiederum werden aus recycelten Fischernetzen hergestellt, die aus dem Meer geborgen und geschickt umfunktioniert werden.

 

Konkurrenzlos gut

Mit dem EV9 bringt Kia nicht nur ein mutig gezeichnetes SUV mit Familien-Van-Qualitäten auf den Markt, mit diesem Modell fordert man zudem die Konkurrenz in der Oberklasse der Autowelt heraus. Und den Vergleich mit Herstellern wie Mercedes, Land Rover, Audi oder Tesla braucht dieses Fahrzeug nicht zu fürchten. Als Siebensitzer ist es sogar eine echte Rarität. Und bei einem Preis von rund 75 000 Franken inklusive kompromisslos vollständiger Ausstattung und sieben Jahren Garantie kann man ausserdem von einem konkurrenzlos guten Angebot sprechen.

Und was die Elektrofahrzeugtechnik angeht, ist der EV9 auf der Höhe der Zeit. Das Flaggschiff der Marke basiert auf der E-GMP-Plattform und ist der erste Kia mit der besonders leistungsfähigen Batterietechnologie der vierten Generation. Dazu gehört ein 800-Volt-Bordnetz für schnelleres Laden. An einer Fast-Charging-Station kann man so in nur 15 Minuten 249 Kilometer Reichweite erzielen, wobei das Auto mit bis zu 210 kW lädt. Im Alltagseinsatz beträgt die realistische Reichweite 450 bis 500 Kilometer, auch das ist ein sehr guter Wert.

Ebenso nützlich sind weitere elektrische Möglichkeiten wie die sogenannte V2L-Funktion (Vehicle-to-Load), womit Geräte wie Laptops oder Campingausrüstung aufgeladen werden können. Mit der zusätzlichen V2G-Ladefunktion (Vehicle-to-Grid) wird man zukünftig ausserdem Strom wieder ins Netz einspeisen können. Die grosse Hochvoltbatterie des EV9 mit 99,8 kWh Kapazität kann dann etwa als Stromspeicher für die mit einer Fotovoltaik-Anlage auf dem eigenen Hausdach produzierte Energie dienen.

Trotz seiner Grösse und seines Gewichts ist der EV9 vergleichsweise sparsam, vor allem aber fährt sich das auffällige SUV äusserst angenehm. Rollkomfort, Geräuschdämmung und die Ausstattung mit Assistenz- und Sicherheitssystemen sind ebenso grosszügig und gut wie das Raumangebot. Und trotz der Aussenmasse wirkt das SUV überraschend leichtfüssig – sich anziehende Gegensätze eben.

 

KIA EV9: ab Fr. 75 950.–; www.kia.ch