Es ist ein Konzept, das so manche Zeitgenossen zum Lästern anregt: Wohlhabender, älterer Mann heiratet junge, attraktive Frau – die dann von der Restwelt als Prestigeobjekt, auch bekannt unter dem Begriff trophy wife, betrachtet wird. Gerade hatte ich in meinem Bekanntenkreis so einen Fall. Die luxuriöse Hochzeit des Paars fand in den Schweizer Bergen statt und liess keine Wünsche offen; die Gäste strahlten begeistert vor dem Hintergrund des traumhaften Seepanoramas, die hinreissende Braut, 34, strahlte in einem langen, hellen Satinkleid und mit Blumenkranz-Haarband, der 32 Jahre ältere Bräutigam strahlte selig in Anbetracht seiner Leistung.

Solche Konstellationen zwischen Mann und Frau, wo Geld, Einfluss, Attraktivität und ein generationenübergreifender Altersunterschied zusammenfinden, werden nicht selten belächelt, gar verspottet – auch 2023, wo ja beziehungstechnisch alles möglich sein darf, ja soll. Moralexperten rümpfen ihr Näschen, erteilen der Langfristigkeit solcher Ehen schlechte Noten, sehen sie als Ausdruck ultimativer Oberflächlichkeit, es sei ja keine Beziehung auf Augenhöhe. (Meistens meckern exakt jene neidvoll, häufig Herren, die selbst keine Partnerin finden oder nicht in dieser «Because I can»-Liga, oder reifere Damen, die in der Jüngeren eine Konkurrenz sehen. Was natürlich nicht komplett falsch ist; dass Männer auf Jugend und körperliche Frische stehen, ist ein für Frauen evolutionärer Nachteil, der uns das Leben nicht immer ganz einfach macht.)

Dennoch, die moralische Verurteilung besagter Paarung hat etwas Spiessbürgerliches. Denn es ist doch eigentlich nichts anderes als ein Tauschhandel. Sie kommt in den Genuss von allerlei Annehmlichkeiten; die Ehe mit einem reifen, wohlhabenden Mann bietet ihr finanzielle Sicherheit, Zugang zu luxuriösem Lebensstil und exklusiven Kreisen sowie die Möglichkeit, von seinen beruflichen Ressourcen zu profitieren, sollte sie Arbeit überhaupt in Betracht ziehen. Und Geld mal beiseite: Viele Frauen fühlen sich von selbstbewussten, weltgewandten Männern angezogen, Eigenschaften, die oft erst mit einer gewissen Reife kommen. Häufig stellt er für sie auch eine Vaterfigur dar.

Ob zwecks Selbstbestätigung oder um seine Jugend neu aufleben zu lassen: Für ihn drückt die Eheschliessung mit einer begehrten, jüngeren Partnerin Erfolg aus, sie lässt ihn von ihrer Frische und Schönheit profitieren, die seinen sozialen Status nach oben klettern lassen. Auch ist für viele ältere Männer die Rolle des Beschützers und Versorgers eine, in der sie sich wohlfühlen. Beide Partner besitzen also Eigenschaften, die man gegenseitig attraktiv findet: win-win – und wenn man eine Beziehung ganz banal herunterbricht, ist es doch meistens eine Art Tauschhandel.

Viele Frauen fühlen sich von selbstbewussten, weltgewandten Männern angezogen.

Kommt hinzu: Bist du männlich, wohlhabend, über sechzig und Single, hast du drei Optionen: Du bleibst für immer allein, und das ist das, was vielen Menschen im Alter droht. Oder du versuchst, eine gleichaltrige Partnerin zu finden – viel Spass dabei. Oder du gehst eben nach dem Tauschhandelprinzip vor, wirfst deine Assets in den Dating-Teich und hoffst auf den Koi.

Natürlich bietet ein grosser Altersunterschied auch Konfliktpotenzial, vor allem, weil man sich in unterschiedlichen Lebensphasen befindet. Eine Studie der Emory University in Atlanta hat herausgefunden: Je grösser der Altersunterschied ist, desto höher ist auch das Risiko einer Trennung. Paare mit zehn Jahren Unterschied trennen sich um knapp 40 Prozent eher als Gleichaltrige, bei zwanzig Jahren Unterschied liegt die Gefahr einer Trennung bei 95 Prozent. Die optimale Differenz liegt bei ein bis zwei Jahren.

Keine rosigen Prognosen also für meinen Freund, den Bräutigam, und gewiss, er könnte sich mit der Zeit dem Druck ausgesetzt fühlen, bestimmten Erwartungen an seinen Lebensstil und seine finanzielle Leistungsfähigkeit gerecht werden zu müssen. Lady Blumenkranz ihrerseits dürfte sich dereinst mit dem Kampf konfrontiert sehen, immer jung und begehrt bleiben zu müssen. Auch besteht das Risiko, aufgrund ihrer finanziellen Abhängigkeit an Selbständigkeit einzubüssen.

Aber auf solche Studien habe ich eine Antwort: Fakt ist nämlich auch, dass es keine Garantie für eine ewighaltende Ehe gibt, ganz egal, mit welchem Altersunterschied. Also, go for it, und viel Glück!

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