Weltwoche: Beginnen wir mit einem Geständnis: «Ganz e feins Käfeli» fand ich am Anfang eine ziemlich nervige Werbeidee. Haben Sie es einfach so lange gemacht, bis es zum Kult wurde?

Kenny Eichenberger: Die besten Autos, die beste Marke hat jeder. Wir wollten etwas Spezielles bieten, indem wir die Leute eingeladen haben, auf einen Kaffee vorbeizukommen. Es freut mich, dass Marc diese Idee jetzt weiterführt und sogar noch verfeinert hat.

Weltwoche: Sie haben im Kenny’s Autocenter geschickt den Zeitgeist adaptiert, einen Barista engagiert und eine Kaffee-Lounge eingerichtet.

Marc Eichenberger: Mir war es wichtig, dass wir nicht nur vom «feinen Käfeli» reden, sondern wirklich etwas sehr Feines anbieten. Nicht dass es früher nicht gut war, aber es ging noch etwas besser. Mit einer richtigen Siebträgermaschine und einem Profi, der sie bedient, erreicht man eine höhere Qualität. Wir haben die Kaffeemischung optimiert und noch hochwertigere Bohnen verwendet.

(Kenny Eichenberger verlässt den Raum kurz, um ein Telefonat zu tätigen.)

Weltwoche: Wenn ihr Vater gerade nicht da ist: Wie war es für Sie als Kind in der Schule, der Sohn von Kenny Eichenberger zu sein?

ME: Im Vergleich zu meinem Vater, der eine sehr extrovertierte Persönlichkeit ist, bin ich etwas zurückhaltender und muss nicht immer im Vordergrund stehen. Und ich erarbeite mir meine Erfolge gern selbst. Die Vorleistung, die ich bekommen habe, weil alle meinen Vater gekannt haben, konnte ich nicht geniessen. Meistens war ich froh, wenn niemand wusste, wer Kenny ist.

Weltwoche: Haben Sie darunter gelitten?

ME: Das kann man schon sagen. In meinem engen Freundeskreis war es kein Thema, aber darüber hinaus musste ich mich immer wieder rechtfertigen.

(Kenny Eichenberger sitzt wieder mit am Tisch.)

Weltwoche: Warum sind Sie schliesslich trotzdem in die Fussstapfen ihres Vaters getreten?

ME: Zu Beginn wollte ich unbedingt meinen eigenen Weg gehen und dem Eindruck entgegenwirken, ich könne alles übernehmen, ohne dafür etwas tun zu müssen. Als mich mein Vater noch als Kind gefragt hat, ob ich einmal die Firma übernehmen wolle, habe ich geantwortet: «Falls ich das tun sollte, ist das Erste, was ich mache . . .»

KE: « . . . das Kenny’s-Schild runterreissen!» (lacht). Damals war schon klar, dass Marc seinen eigenen starken Willen hat.

ME: Ich konnte «Kenny’s» nicht mehr hören, weil es auf dem Pausenplatz oft ein Thema war.

Weltwoche: In der sozialen Pyramide ist der Beruf des Autoverkäufers nicht gerade weit oben angesiedelt. Aber Sie haben ihm eine gewisse Coolness verliehen.

KE: Ich komme aus dem Mittelstand, bin gelernter Mechaniker und hatte Glück mit dem, was ich gemacht habe. Viele meinen, es brauche Diplome und Titel, aber ich bin stolz darauf, dass wir Autoverkäufer sind.

Weltwoche: Was zeichnet einen guten Autoverkäufer aus?

KE: Ein guter Autoverkäufer ist anpassungsfähig, spürt die Bedürfnisse des Gegenübers und kann zuhören . . . (beide lachen)

ME: Ich frage mich oft, wie mein Vater es ohne diese Eigenschaften geschafft hat, ein guter Autoverkäufer zu werden. Aber du kannst, wenn es darauf ankommt, im richtigen Moment schweigen und gut zuhören.

KE: Oft haben Verkäufer Angst vor dem Vertragsabschluss. Es braucht ein Gespür für den Kunden, um ihn dann bis zur Unterschrift zu begleiten.

Weltwoche: Wie viel Kenny steckt eigentlich noch in «Kenny’s Autocenter»?

KE: Seit 2016 habe ich nichts mehr damit zu tun, damals wurde der Stab übergeben. Am Bau des neuen Autocenters in Dietlikon war ich nicht beteiligt. Die Energie und Nerven, die es braucht, um ein solches Gebäude zu verwirklichen, habe ich nicht mehr. Da ziehe ich den Hut vor meinem Sohn und seinem Team. Ich bin stolz auf Marc und ebenso stolz darauf, dass ich an keiner Sitzung dabei war.

Weltwoche: Nachfolgeregelungen in Familienunternehmen scheitern oft. Was haben Sie richtig gemacht?

ME: Bei uns ging es schneller, als wir wollten. Ich hatte mit 27 Jahren mein Start-up, das ich neben dem Studium geführt hatte, verkauft und wollte in die Autobranche einsteigen. Ich hatte in der Werkstatt und im Verkauf der Smart Center Erfahrungen gesammelt und konnte dann frühzeitig die Geschäftsführung übernehmen. Kurz darauf fiel der Geschäftsführer von Kenny’s aus, und wir führten die beiden separaten Firmen zusammen, um die Effizienz zu steigern.

KE: Die Fusion war Marcs Idee und wurde zu seiner Meisterprüfung. Er hat das super gemacht. Alle Gespräche mit dem Personal hat er geführt, und er macht das besser als ich.

«Ich konnte ‹Kenny’s› nicht mehr hören, weil es auf dem Pausenplatz oft ein Thema war.»

Weltwoche: Wie haben Sie den Übergabeprozess in der Familie geregelt?

KE: Meine Tochter Carla wollte nie in die Automobilbranche . . .

ME: . . . und es wurde so geregelt, dass ich meine Anteile immer gekauft habe – natürlich mit Hilfe von Darlehen. Und den gleichen Betrag, den ich den anderen Investoren bezahlt habe, habe ich auch Kenny bezahlt. Das war teilweise schwierig zwischen uns. Aber im Nachhinein bin ich stolz darauf, weil ich für die Firma einen Marktwert bezahlt habe und niemandem etwas schuldig bin. Wir haben zwei unabhängige Bewertungen erstellt und die Zinsen korrekt nach Zürcher Steuergesetz geregelt.

KE: Es muss ja auch so sein, dass Marc mit seinem Erfolg etwas verdient. Der ganze Gewinn, den er macht, gehört ihm.

ME: Das stimmt ja nicht, weil du noch 20 Prozent Anteile besitzt. Aber dann ist jetzt abgemacht, dass ich die restlichen Anteile auch noch übernehmen kann. (lacht)

Weltwoche: Marc Eichenberger, Sie können offenbar besser mit Personal umgehen. Was können Sie weniger gut als Ihr Vater?

ME: Ich kenne niemanden, der so gut verhandelt wie mein Vater. Da bin ich noch nicht auf seinem Niveau. Die Schweiz könnte Kenny als Sonderbeauftragten für die Verhandlungen mit der EU einsetzen.

KE: Am Schluss würde die EU der Schweiz gehören! (beide lachen)

Weltwoche: Der Autohandel ist unter Druck, viele Hersteller führen Agenturmodelle ein, der Gestaltungsspielraum der Händler wird kleiner. Wie müssen Sie sich für die Zukunft aufstellen?

ME: Die Branche wird in allen Bereichen komplexer, was die Produkte, aber auch die Ansprüche der Kunden angeht. Wir brauchen deshalb Know-how und gute Leute, und dafür wiederum brauchen wir eine gewisse Grösse. Und wir dürfen die Digitalisierung nicht unterschätzen.

Weltwoche: Was heisst das konkret?

ME: Wir müssen unseren Verwaltungsaufwand reduzieren, um auch mit tieferen Margen am Markt bestehen zu können. Wir werden zukünftig für dasselbe Ergebnis mehr Volumen umsetzen müssen. Für unsere Kunden sollen analoge und digitale Welten verschmelzen, damit das Erlebnis einfacher und attraktiver wird.

KE: Bei Smart gibt es bereits ein Agenturmodell, und der Vorteil ist, dass wir keine Lagerkosten mehr haben. Der Kunde kann sich bei uns beraten lassen und dann online bestellen.

Weltwoche: Der Trend geht also hin zu grösseren Autohändlern, kleine Garagen geraten unter Druck.

KE: Ja, leider . . .

ME: Es braucht einfach eine kritische Grösse, und wir sind glücklicherweise gut aufgestellt.

Weltwoche: Warum sagen Sie «leider»?

KE: Ich habe mit null auf einem Kiesplatz angefangen und konnte mich hinaufschaffen, das ist heute vorbei.

Weltwoche: Ihre Karriere wäre heute nicht mehr möglich?

KE: Nein, so kann man nicht mehr anfangen, und das ist ein Nachteil.

ME: Es gibt viele gute, inhabergeführte Händler, die einen guten Job machen, sich aber trotzdem einer Gruppe anschliessen müssen, um eine Zukunft zu haben. Die persönliche Note geht dabei ein wenig verloren.

Weltwoche: Wie behalten Sie Ihren «Kenny’s Spirit»?

ME: Wir investieren viel in die Betriebskultur. Der wichtigste Faktor des Erlebnisses bei uns sind die Leute. Man muss gute Mitarbeiter finden und sie mit Schulungen und Workshops fördern. Unseren «Spirit» pflegen wir mit Events, wir feiern Erfolge zusammen und bieten eine gute Infrastruktur.

Weltwoche: Oft wirkt das Erlebnis bei Händlern von Luxusmarken nicht gerade hochwertig. Wo lassen Sie sich ausserhalb Ihres Gewerbes inspirieren, um auf Premiumniveau zu kommen?

ME: Wir schauen zum Beispiel, wie Apple das in seinen Stores macht, auch in der Hotellerie gibt es sehr gute Beispiele. Wir haben gute Erfahrungen mit Quereinsteigern im Verkaufsjob gemacht. Ich bin ja selbst Quereinsteiger als Autohändler.

Weltwoche: Sie überblicken einige Jahrzehnte Automobilgeschichte. Wie beurteilen Sie die Situation heute, was ist vom Elektrifizierungstrend zu halten?

KE: Zuerst hat man gedacht, man könne nur noch Elektroautos verkaufen. Aber das wird nicht funktionieren. Es braucht beides. Ich fahre selbst einen elektrischen Smart und eine Mercedes G-Klasse. Beides hat Vorteile; und wenn CO2-neutrale, synthetische Treibstoffe kommen, wird es noch einfacher.

ME: Es geht zum einen um den Preis, aber auch um die Praktikabilität. Nicht alle Kunden haben die Möglichkeit, zu Hause oder im Geschäft ihr Auto aufzuladen. Wenn man das nicht hat, ist der Umstieg auf Elektroautos kompliziert. Dieser Faktor wurde zu Beginn unterschätzt. Trotzdem wird im europäischen Nahverkehr das batterieelektrische Fahrzeug die Wahl der Zukunft sein. Aber es braucht mehr Zeit, als alle gedacht haben.