Levrat: Liebe Genossinnen und Genossen, ich bin überwältigt von Ihren Solidaritätsbekundungen gegenüber unseren muslimischen Genossinnen und Genossen. Dass – wie schon an der letzten Parteiversammlung – wieder so viele Genossinnen eine Burka tragen, zeigt, dass die SP eine tolerante Partei ist.

Wir haben an der letzten Parteiversammlung ja auch mit überwältigender Mehrheit die Einführung einer Burkatragpflicht an Demonstrationen beschlossen. Denn die Burka gewährt den Demonstrantinnen bestmögliche Anonymität und somit Schutz vor polizeilicher Verfolgung.

Doch leider müssen wir die Abstimmung wiederholen. Denn statistische Auswertungen haben ergeben, dass zur letzten Parteiversammlung nicht nur Genossinnen unter der Burka erschienen sind, sondern auch zahlreiche Genossen. Es müssen sich laut unseren Hochrechnungen mehr Männer für eine Burkatragpflicht ausgesprochen haben als Frauen und, was noch seltsamer erscheint, auch mehr Ungläubige als Gläubige.

Aufgrund der abgegebenen Stimmen müssen wir zudem annehmen, dass unter dem Schutz der Burka nicht nur Parteigenossinnen und -genossen mit abgestimmt haben, sondern auch zahlreiche anonyme Gäste, die nicht Mitglied unserer Partei sind. Der Verdacht liegt nahe, dass wir unterwandert werden durch radikale Muslime, die ebenfalls eine Burkatragpflicht einführen wollen, aber nicht zum Schutz, sondern zur Unterdrückung der Frau und somit aus den falschen Gründen. Da es in der Schweiz aber nach unserer eigenen Behauptung gar keine radikalen Muslime gibt, hegen wir nach reifem Überlegen den Verdacht, dass sich unter einigen Burkas Mitglieder der SVP versteckt haben müssen, die mit ihrem Eintreten für die Burkatragpflicht bloss unsere Partei diskreditieren wollten.

Deshalb bitte ich Sie alle, vor der Wiederholung der Abstimmung über die Burkatragpflicht, ihre Burka abzunehmen und Ihr wahres Gesicht zu zeigen.

 

Andreas Thiel ist Schriftsteller und Kabarettist.