«Seiner Frau zuliebe tanzt er auf Tiktok»: Unter diesem Titel veröffentlichte der Tages-Anzeiger am Dienstag einen ganzseitigen Artikel über den Zürcher Oberrichter Christoph Spiess von den Schweizer Demokraten.
Die Videos zeigen ihn beim Kochen, Essen, Schlafen oder Tanzen. Nur ein paar hundert Views hatte Spiess’ Frau mit den beeindruckend harmlosen Aufnahmen ihres Gatten erzielt, ehe der Tages-Anzeiger darüber berichtete. Trotzdem kam die Autorin des Artikels zum strengen Urteil, der Richter gebe sich «zumindest teilweise die Blösse».
Die meisten Leser sehen es offenbar anders. In den Online-Kommentaren dominieren jedenfalls Einschätzungen wie «harmlos», «liebevoll» oder sogar «cool». Ob Spiess die «Würde des Amtes» verletzt habe? Diese Frage treibt eigentlich nur den Tages-Anzeiger um.
Auch Spiess selber sieht die Geschichte einigermassen gelassen, wie er gegenüber der Weltwoche mitteilt. Er bedauere, dass eine der grössten Schweizer Tageszeitungen eine ganze Seite für eine solche Geschichte verschwende.
Was ihn ärgert: dass es eine Person aus seinem Umfeld gewesen sein muss, die den Tages-Anzeiger informiert hat. Zudem habe seine Frau, eine Pflegerin, am Tag nach ihrer Nachtschicht nicht schlafen können.
Ob die Videos lustig seien, darüber könne man geteilter Meinung sein, räumt Spiess ein. Klar sei hingegen, dass sie «absolut harmlos» seien, weder strafbar noch stossend. Es gebe keinen Bezug zu seiner Tätigkeit als Richter. Und wie er seine Freizeit gestalte, sei ihm selber überlassen.
Zudem: Fast jedes Video sei am Wochenende gefilmt und hochgeladen worden, sagt Spiess. «Wo also», fragt er rhetorisch, «ist das Problem?» Dass er stets ein strenges Gesicht machen müsse, sei zu viel verlangt. «Ich muss nicht immer den Herrn Richter raushängen.»