Wenn er nicht tot ist oder im Gefängnis, wird er für die Präsidentschaft kandidieren. Gemeint ist Donald Trump, und der dies sagt, ist der Gründer des sogenannten Lincoln-Projekts, einer Gruppe von grantigen Republikanern, die Amerika vor Trump retten wollen.

Von den 46 Präsidenten in der 245-jährigen Geschichte der Vereinigten Staaten gelang es nur einem, nach einer Pause von vier Jahren noch einmal gewählt zu werden: dem schnauzbärtigen Demokraten Grover Cleveland, 1884 und 1892. Dass er der Einzige geblieben ist, hat seine Gründe. Und diese sprechen zunächst gegen eine Kandidatur Trumps.

Natürlich agiert er so, wie wenn er es noch einmal wissen möchte. Seine Umfragewerte liegen meilenweit über allen potenziellen republikanischen Gegenkandidaten, die deswegen womöglich früh das Handtuch werfen. Gegen Präsident Biden schneidet er ebenfalls sehr gut ab. Nur knapp ein Viertel der Republikaner sind gegen eine neue Nomination Trumps. Bei den Unabhängigen ist der Widerstand gegen ihn indes deutlich stärker.

Die Präsidentenwahlen sind aber erst in drei Jahren, eine veritable Ewigkeit. In diesem November stehen Kongresswahlen an, und Trump mischt bei der Selektion der Kandidaten eifrig mit. Er will seinen Einfluss in der Partei konsolidieren und sich die Möglichkeit einer Kandidatur zwei Jahre später offenlassen.

Trump hat, den Eindruck will er erwecken, die Grand Old Party im Sack. Ein Strom von Besuchern in Mar-a-Lago und Bedminster sucht seine politische Rückendeckung. Bisher hat er mehreren Dutzend Anwärtern seinen Segen erteilt. Einige von ihnen sind Trumpianer, andere normale Republikaner, und einige wenige haben gar nicht Trumps Benediktion erbeten, sie aber gratis erhalten. Republikanischen Abgeordneten des Repräsentantenhauses, die für das zweite Impeachment gestimmt hatten, hat er die rote Karte gezeigt und unterstützt nun deren Herausforderer bei den Primärwahlen.

Er wäre sofort eine lahme Ente – er könnte sich nicht ein drittes Mal aufstellen lassen.

Die Imprimatur des Ex-Präsidenten ist keine Erfolgsgarantie. In Texas und Pennsylvania sind zwei seiner Kandidaten bereits durchgefallen. Andern blüht das gleiche Schicksal. Trumps Durchschlagskraft wird erst im November wirklich getestet, in den sogenannten «Swing States» und in hart umkämpften Wahlkreisen.

Auch so stehen die Chancen der Republikaner noch gut, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzuerobern. Sollte das gelingen, würden sie Biden in die Defensive drängen und mit Untersuchungen aller Art eindecken – die klassische Retourkutsche. Das könnte die Aussichten eines republikanischen Präsidentschaftskandidaten bei den Wahlen 2024 automatisch verbessern, selbst wenn die Demokraten ihre schwachen Amtsträger Joe Biden und auch Kamala Harris fallenliessen.

Eines ist sicher: Trump würde nicht ins Rennen steigen, wenn er einer Niederlage entgegensehen müsste. Zum zweiten Mal als Verlierer dazustehen, passt nicht in sein Weltbild. Seine Entscheidung hängt deshalb von seinen Erfolgsaussichten ab, so wie sie sich irgendwann nach dem nächsten Jahreswechsel präsentieren.

Auch er ist nicht mehr der Jüngste, und von alten Präsidenten könnten die Amerikaner nun genug haben. Ihm haftet auch rein politisch der Makel an, dass er gegen den lausigsten demokratischen Kandidaten seit langem nicht gewinnen konnte. Seine Wahlkampagne war amateurhaft. Corona und die Briefwahl genügten, um ihn auszuschalten.

Er hätte seine sehr fassbaren politischen Errungenschaften für sich sprechen lassen und auf der Erfolgswelle der «normalen» Republikaner ins Weisse Haus reiten können. Und dann verspielte er mit seinem Zögern beim Capitol-Krawall und seinem Eingreifen bei den Senatswahlen in Georgia restlichen politischen Kredit.

Verlierer kommen selten zurück. Man hat zwar schon einige makeover gesehen, mit denen sich Politiker neu erfanden. So trat 1968 der «neue Nixon» gegen Hubert Humphrey an und gewann. Wird es – allenfalls – einen «neuen Trump» geben? Ausgeschlossen ist das nicht.

Aber noch etwas spricht dagegen. Er wäre, würde er für eine zweite Amtszeit gewählt, sofort eine lahme Ente – er könnte sich nicht ein drittes Mal aufstellen lassen. Zweite Amtszeiten waren für Präsidenten oft eine Leidenszeit. Diese Aussicht wird auf Trump nicht attraktiv wirken.

Ein Elder Statesman ist er nicht. Trump war aber ein einflussreicher Präsident, ein Aussenseiter, der die Politik in vielem neu ausgerichtet hat und Spuren hinterlässt. Das muss genügen. Die Geschichte wird ihm gnädig sein.