Der Begriff «Ugly Delicious» ist eine Erfindung von David Chang, einem Amerikaner mit koreanischen Wurzeln und einem der einflussreichsten Köche der USA in den letzten vielleicht zehn Jahren. In einer Dokumentation, die auf Netflix zu sehen ist, widmet sich Chang Speisen, die vielleicht nicht hochästhetisch sind, aber die fast jeder gern hat, die ein wohliges Gefühl auslösen und die man eigentlich immer gerne isst. Er bezeichnet sie als «Ugly Delicious» – sehr fein, aber nicht sehr fotogen: Pizza, Barbecue-Fleisch, Ramen-Nudeln oder frittiertes Poulet.

Weil mir der leidenschaftliche Esser Chang und seine wohltuend unideologische Herangehensweise sehr sympathisch waren, baute ich bei meinem letzten New-York-Besuch einen Abend in der «Momofuku Ssäm Bar» ein, Changs Adresse für amerikanische Küche – inspiriert vom Rest der Welt.

Schinken im Parma-Stil, der europäischen Vorbildern mindestens ebenbürtig ist, gibt es in verschiedenen Altersstufen mit geröstetem Baguette und Kaffeesenf; ein Salat mit einer cremigen Sauce und indischen Aromen kommt zusammen mit Mozzarella, Brunnenkresse und feiner Schärfe. Und die Spareribs, die nur schon beim Anschauen zart vom Knochen fallen, sind aufregend gewürzt mit einer Sauce aus Bonito-Flocken, Algenpulver, Szechuan-Pfeffer und Honig – eine Mischung mit viel Umami, rauchigen Noten und schöner Süsse-Schärfe-Balance. Das ist die Essenz von «Ugly Delicious». Die Ribs isst man natürlich von Hand, und sie sind so gut, dass ich nachts noch davon träume. Schon der nächste Morgen beginnt mit dem Gedanken, wann ich das nächste Mal in New York sein könnte, um bei David Chang diese «Glazed St. Louis Ribs» für neunzehn Dollar zu essen. Amerikaner sagen dazu auch Soul Food: Essen für die Seele.

 

Momofuku Ssäm Bar, 207 Second Avenue at 13th Street, New York, NY 10003